Gelsenkirchen. Rund 30 Laiendarsteller verleihen der Stadt ab Aschermittwoch wieder einen Hauch von Oberammergau. Die Passion wird in 15 Vorstellungen aufgeführt.

Wenn Jesus zum Judas mutiert und ein leibhaftiger Pastor sich in Satan verwandelt, wenn hübsche Frauen dem Messias unermüdlich auf den Fersen folgen und Sünder sich zum Orgelklang vorm Altar tummeln, dann weht wieder ein Hauch von Oberammergau durch Gelsenkirchen. Dann gibt es wieder Passionsfestspiele im Pott.

Nach den gelungenen 1. Gelsenkirchener Passionsfestspielen vor zwei Jahren setzt Regisseur Elmar Rasch die Erfolgsgeschichte nun fort und präsentiert am 18. Februar die Premiere seiner Neuinszenierung der Geschichte vom Leiden und Sterben Jesu in der Evangelischen Kirche in Rotthausen. Weitere 14 Aufführungen werden bis Ostermontag folgen.

Eine Passion ist kein Kinderspiel

Schon Wochen vor Weihnachten machte sich der 62-Jährige auf die Suche nach Laiendarstellern, um das Projekt ab Aschermittwoch wieder gemeinsam mit seiner „Bühne im Revier“ und der Evangelischen Emmaus-Kirchengemeinde Gelsenkirchen zu stemmen. Rasch castete Bewerber im Gemeindehaus, warb um Akteure. Fast 30 machen nun mit. „Zum Glück“, freut sich der Theatermacher, „haben sich aber auch viele Darsteller aus der Produktion von 2013 wieder angemeldet. Das zeigt den tollen Teamgeist, der da entstanden ist.“

Die Gelsenkirchener Brigitte (60) und Klaus Köster (59) zum Beispiel sind wieder mit von der Partie, erneut als Mutter Jesu und als Hoher Rat. Auch Hermann Reck (66) aus Essen, ein begeisterter Amateur-Mime, hat sich sofort wieder zum Mitspielen gemeldet. Er gibt den Kaiphas. Und Jesus und Judas haben einfach die Rollen getauscht. Jesse Krauß, der Bilderbuch-Jesus von 2013, spielt diesmal den Judas, und Alexander Welp den Erlöser: „Dafür habe ich mir seit April die Haare wachsen und einen Bart stehen lassen.“ Der neue Jesus wird einen größeren Sprechanteil haben, sagt der 23-jährige Student: „Und er wird rebellischer sein.“

Proben in der Evangelischen Kirche Rotthausen an der Steeler Straße: Jesus kleidet sich in der Sakristei an und hilft danach dem Judas beim Binden des Gürtels, Petrus hört Johannes noch mal auf Textsicherheit ab, und das Volk steht plaudernd zusammen. Der Regisseur mahnt zu Eile und Konzentration. Ein Kinderspiel ist die Passion nicht.

Von der Botschaft Jesu erzählen

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Bei der Vorbereitung packt jeder mit an, hilft jeder jedem. Die Sakristei verwandelt sich drei Mal in der Woche in eine Künstlergarderobe, der Altarraum und das Kirchenschiff mutieren zur Bühne. Von der Orgelempore erklingt die passende Musik. Wer gerade nicht spielt, sitzt in den Kirchenbänken und studiert noch mal seinen Text. Der, aus dessen Feder diesmal die Bühnenversion stammt, sitzt auch dort und beobachtet die Proben penibel: Wolf-Rainer Borkowski, von Haus aus Pastor, verfasste die neue Textvorlage und benutzte dafür vor allem das Lukas-Evangelium: „Der thematische Schwerpunkt liegt jetzt auf Gerechtigkeit, dem Umgang mit Armen, mit Geld.“

Zudem spielen Frauen in der neuen Passion eine größere Rolle. Maria Magdalena wird durch das Stück führen und einen Ausblick auf die Zeit nach Jesu Tod geben. Was sich der Pastor, der den Satan spielen wird, erhofft von der Passion? „Ich würde gerne jeden Zweifler erreichen in der Hoffnung, dass das Spiel hilft zu verstehen, was dieser Jesus tatsächlich wollte.“ Borkowski will erzählen von einem Jesus, der deutlich macht, dass alle Menschen gleich sind „und wir alle zusammen auf einem Planeten leben“.

Elmar Rasch probt mit seinem Ensemble dafür, dass das in prallen, sinnstiftenden Szenen gelingt.