Gelsenkirchen. Irene Mihalic zog für die Grünen in den Bundestag. Als Sprecherin für innere Sicherheit und Obfrau im Untersuchungsausschuss steht sie seit Monaten im Fokus der Medien.
Sitz im Rat der Stadt, Mitglied im Landesvorstand. Das war 2013. Nun nationale Polit-Bühne, gefragte Obfrau der Opposition und sicherheitspolitische Fraktions-Sprecherin der Grünen: Für Irene Mihalic, 38, hat sich der Politik-Alltag massiv geändert seit der letzten Bundestagswahl. Damals zog die Gelsenkirchenerin für die Bündnis-Grünen in den Bundestag ein – und macht seither Karriere.
Innenpolitik, Recht und Innere Sicherheit sind ihre Themen. Die sind gefragt, seit SPD-Mann Edathy und seine Verstrickungen in Kinderpornografie den Aufklärungs-Stoff für einen Untersuchungsausschuss liefern, seit Richter versuchen, die Terror-Tätigkeit des NSU, des Nationalsozialistischen Untergrund aufzuklären, natürlich auch, seit die Bedrohung durch Islamisten dramatisch spürbar wurde. „Das sind die Themen, die im Feuer stehen. Da bin ich Ansprechpartnerin für meine Fraktion, da kommen die Anfragen entsprechend an“, sagt Mihalic und stellt fest: „Das Interesse an der Oppositionsarbeit ist bei den Medien groß. Das hat natürlich auch mit dem Wegfall der FDP zu tun.“
Der Polizei-Hinweis fehlt in keinem Artikel, in keinem Portrait
Doch es ist wohl auch das Interesse an Mihalic, das kontinuierlich gewachsen ist. Auch weil sie was zu sagen hat, weil sie aufklärte und hartnäckig fragte, weil sie unaufgeregt und dennoch engagiert überkam, weil sie stets gut im Bilde wirkt. Und weil sie die etwas andere Grünen-Politikerin verkörpert.
Polizistin vom Grundberuf, Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, diplomierte Verwaltungswirtin, dann Einsatz bei der Autobahnpolizei, zuletzt ab 2007 für das Präsidium Köln. „Ich war bis zur Bundestagswahl im Dienst, hatte mir nur für die heiße Wahlkampfphase eine kurze Auszeit genommen“, sagt Mihalic. Solch eine Vita fällt auf im Berliner Politbetrieb. Unter gut 600 Abgeordneten sind nur eine Hand voll Polizisten, bei ihrer Partei ist Mihalic die einzige. Entsprechend liegt der Fokus der Medien auf ihr. Der Polizei-Hinweis fehlt in keinem Artikel, in keinem Portrait. Mihalic kann bislang mit dem Image gut leben. Anders, sagt sie, wäre es, „wenn ich in ein paar Jahren auch nur so gesehen würde. Aber bislang empfinde ich das positiv. Es liegt ja auch viel an meinen Themen. Und es scheint ja zu interessieren, was ich zu sagen habe.“ Im ARD-Morgenmagazin und bei Anne Will bekam Mihalic Gehör, in der Tagesschau stand sie Rede und Antwort, im letzten Stern füllte ein Mihalic-Interview vier Illustrierten-Seiten. Die Gelsenkirchenerin analysierte dort den Fall Edathy.
Mihalic zeigt sich selbstkritisch
Und dann wäre da noch die Königsdisziplin: Rede im Bundestag. Zur Beamtenbesoldung, zu den NSU-Verbrechen, zur Änderung des Antiterrordateigesetzes hat Mihalic in den letzten Wochen für ihre Fraktion gesprochen. Oft allerdings vor fast leerem Plenum. Bedauerlich findet Mihalic, wenn sich besonders das Kabinett rar mache, Minister selbst bei Fragestunden oder ihren ureigensten Themen fehlten. Andererseits ist sie nach gut einem Jahr in Berlin auch selbstkritisch: „Wir müssen daran arbeiten, dass die Debatten interessanter werden, auch das Prinzip Rede und Gegenrede ermöglichen. Das würde beleben.“
Ebenso weiß sie: Die Fraktionen sorgen selbst für Präsenz im Plenum, die Entscheidungen werden in den Ausschüssen vorbereitet. „Die Plenarsitzung ist ja auch nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was man arbeitet als Abgeordneter. Und wenn man dort sitzt, denkt man eben auch an den Riesenstapel Arbeit, der noch auf dem Schreibtisch liegt.“
„Dafür muss man sich schließlich auch intern durchsetzen“
Als Mitarbeiter in Berlin hat sich Irene Mihalic für ihr Abgeordnetenbüro altgediente Kräfte gesucht, die vorher bereits für andere Parlamentarier tätig waren. Das habe den Einstieg erleichtert, sagt sie. Ebenso gebe es natürlich viele Kleinigkeiten, „wo ich von erfahrenen Kollegen lerne. Da kann man sich viel ersparen, wenn man auch mal einen Rat annimmt.“
Dass die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD sich 2013 lang zogen, spielte der Grünen in die Hände. „Ich hatte Zeit, mein Büro einzurichten, wir konnten die Arbeit verteilen. Aber man muss natürlich auch in der Fraktion werben, damit man die Themen bekommt, die man gerne hätte. Dafür muss man sich schließlich auch intern durchsetzen.“
Zwischen Gelsenkirchen und Berlin pendelt Mihalic seither. Am Prenzlauer Berg hat sie mittlerweile eine Ein-Zimmer-Wohnung. Sie hat sie von einer ausgeschiedenen Abgeordneten übernommen. „Voll möbliert. Ich konnte mit einer Zahnbürste einziehen“, lacht die 38-Jährige. Schnell startklar zu sein im Politbetrieb, das war ihr auch hier wichtig. Anfangs, sagt Mihalic, war die Arbeitsbelastung so groß, „dass ich Berlin eigentlich nur im Dunklen kannte.“ Ihr Mann Dennis Melerski besucht sie ab und zu an der Spree. Die Stadt findet die 38-Jährige „riesengroß und total beeindruckend. Aber freitags bin ich auch froh, wenn ich im Zug nach Hause sitze.“