Gelsenkirchen. Gelsenkirchens Partnerschaft mit Olsztyn (Allenstein) besteht seit 1992. Erste tiefere Kontakte sind bereits Anfang der 1950er-Jahre entstanden. Flüchtlinge aus Allenstein kamen, um sich im Ruhrgebiet ein neues, friedliches Leben aufzubauen.
Das erste Mal war sie als 18-jährige Studentin in Deutschland – in Dortmund. „Es war ein Kulturschock. Das Leben hat hier mich sehr fasziniert, es war viel bunter als daheim. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir der Weihnachtsmarkt, so etwas gibt es daheim nach wie vor nicht“, erinnert sich Bernadeta Kuklinska. Die Faszination fürs Ruhrgebiet ist der Deutschlehrerin des Lyzeum „Gemeinsames Europa“ in Olsztyn geblieben. Kuklinska kommt regelmäßig wieder. Und zwar nicht allein, sondern mit Schülern aus der Gelsenkirchener Partnerstadt.
Die Partnerschaft mit Olsztyn (Allenstein) besteht seit 1992. Erste tiefere Kontakte sind bereits Anfang der 1950er-Jahre entstanden. Flüchtlinge aus Allenstein sind hierhin gekommen, um sich im Ruhrgebiet ein neues, friedliches Leben aufzubauen. Ab der ersten Hälfte der fünfziger Jahre haben sich die Kontakte dann weiter verfestigt. Ein Beispiel für gelebte Freundschaft ist der Austausch zwischen den Partnerschulen Max-Planck-Gymnasium und dem Lyzeum „Gemeinsames Europa“ in Olsztyn – Austausch seit 1996.
Zuwanderer flüchten aus Allenstein
Noch im Dezember 2014 waren neun Schüler aus Olsztyn für eine Woche Gäste an dem Gymnasium in Buer. Auf dem Programm standen neben der Besichtigung Gelsenkirchens mit dem Zechengelände Consol und Schalker Arena unter anderem ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt in Essen und eine Führung auf Zollverein, eine Fahrt in das Haus der Geschichte nach Bonn, eine Besichtigung des Bergbaumuseums in Bochum und ein Tagesausflug nach Köln. Schon bald, Ende April 2015, treten die deutschen (Oberstufen-)Schüler der Jahrgangsstufen EF und Q1 zum Gegenbesuch an.
Eine lebenswerte und junge Stadt
Olsztyn beschreibt Lehrerin Bernadeta Kuklinska als lebenswerte junge Stadt. Viele Studenten wohnten dort, die Altstadt, Kirchen und die Burg seien Touristenmagnete. Beim Gegenbesuch werden die Schüler Danzig und die Marienburg besichtigen, die eine Ritterburg aus dem Mittelalter ist. Auch eine Fahrt auf den masurischen Seen ist geplant. Und natürlich sollen die Schüler den Alltag in Schule und Familien erleben. Die Verständigung zwischen den Schülern klappt vor allem auf Englisch. „Die Schüler lernen bei der Begegnung einige Begrüßungsformeln und Redewendungen, fließend spricht keiner die Sprache der Gäste“, erklärt Kuklinska.
Gudrun Willig, Koordinatorin am Max-Planck-Gymnasium, kann sich gut an ihren ersten Besuch in Polen erinnern. „Das war 2006. Am Tag als die Fußball-WM angefangen hat, sind wir gefahren. Das war ein gelungener Auftakt“, so Willig. Zuvor war die Lehrerin für Mathematik und evangelische Religion 1991 privat auf einer Radtour in Polen unterwegs.
Einen gemütlichen Nachmittag bei Christstollen und selbstgebackenen Plätzchen verbrachten die Schüler an ihrem letzten gemeinsamen Wochenende im Max-Planck-Gymnasium. Klar, dass untereinander rege Rezepte ausgetauscht wurden. „In Polen wird beim Backen viel Wert auf Gewürze und Aroma gelegt. Es gibt zum Beispiel viele Rezepte mit Honig und Nelken“, erklärten die polnischen Schüler ihren Gastgeschwistern.
Rückblick in der Heimatstube
Ganz zentral in der Stadt liegt das Allenstein-Heimatmuseum „Der Treudank“ an der Vattmannstraße 11 in Gelsenkirchen. Dienstags zwischen 10 und 13 Uhr öffnet Thomas Nowack die Pforten des Heimatmuseums. Nachdem Gelsenkirchen 1953 die Patenschaft für Allenstein übernommen hatte, wurden die ehemaligen Bewohner der ostpreußischen Stadt aufgerufen, Erinnerungsstücke wie Bücher, Stadtpläne, Familiendokumente zusammenzutragen. Auch Zeitungsausschnitte und Fotografien wurden in einem Gedenkraum im Rathaus Gelsenkirchen, der den Namen „Treudankstube“ trug, gesammelt. Die Ausstellung wuchs stetig und fand schließlich im Dreikronenhaus an der Vattmannstraße neue, große Räumlichkeiten.
Besucher des Museums erwartet eine Reise durch die Geschichte der polnischen Partnerstadt, viele Exponate erinnern an persönliche Schicksale. Neben historischen und zeitgenössischen Fotografien werden Stadtwappen gezeigt. „Besondere Ausstellungsstücke sind mit Sicherheit das Goldene Buch der Stadt Allenstein von 1910 und die Patenschaftsurkunde der Stadt Gelsenkirchen“, so Nowack, der selbst Vorfahren aus Allenstein hat. Die Ausstellung ist nach wie vor eine Erinnerungsstätte für ehemalige Allensteiner, aber auch ein Stück Stadtgeschichte und steht allen Interessierten offen. Der Eintritt ist frei. Das Museum vertreibt auch Infomaterial zur Partnerstadt, wie etwa die „Allensteiner Heimatbriefe“, Bildbände und Reiseführer.
Jährlich gibt es auch ein Treffen der Stadtgemeinschaft und Kreisgemeinschaft Allenstein, mittlerweile auf Schloss Horst. Viele ehemalige Allensteiner, die früher nach Gelsenkirchen ausgewandert sind, nutzen den Termin um sich zu sehen und sich gemeinsam an ihre alte Heimat zu erinnern.