Gelsenkirchen. . Vom Wasser wie Spielzeug weggerissene Häuser, Straßen unter Wasser – in Gelsenkirchens bosnischer Partnerstadt Zenica hat die Flutkatastrophe die Menschen besonders hart getroffen. Der in Schalke beheimatete Heimat- und Kulturverein nimmt nun Sachspenden für die Opfer entgegen und bringt sie Ort.

Fassungslos und entsetzt reagierte Anica Kovacevic, als sie die Bilder aus Bosnien sah. Schlammige Fluten überrollten Wohnhäuser wie Spielzeug, vom Dauerregen aufgeweichte Hänge rissen die Unterkünfte mit in eine stinkende Brühe. Ganze Dörfer stehen unter Wasser. Die Kroatin, die im heutigen Bosnien aufwuchs, lebt in Gelsenkirchen, hat Verwandte in der Katastrophenregion um die Städte Zenica und Kakanj.

„Wir müssen etwas tun und zwar sofort“, sagte sich die 35-Jährige und setzte sich mit Freunden zusammen, die Mitglieder im kroatischen Kultur- und Heimatverein „Kakanj-Kraljeva Sutjeska“ an der Herzogstraße in Schalke sind. Über Facebook brachte sie die Hilfswelle ins Rollen.

"Trinkwasser ist rar geworden"

Vereinsvorsitzender Darko Pavlovic (40) wandte sich an Landsleute in Deutschland und in einem Spendenaufruf auch an Gelsenkirchener Bürger, den Menschen in ihrer Not zur Seite zu stehen: „Viele haben ihre Wohnungen verloren, stehen vor dem Nichts, übernachten bei Verwandten oder in einer Turnhalle, die auch als Armenküche dienen muss. Die Flüsse sind rot gefärbt vom Erdschlamm, Trinkwasser ist rar geworden.“ „Die Menschen in der Gegend gehören ohnehin zu den Ärmsten in Bosnien“, sagt Vereinsgründer Ivan Kalfic, der die Hilfsaktion mit organisiert.

Der durchschnittliche Monatslohn liege zwischen 150 und 200 Euro. Wenn die Bilder aus der Heimat über Satellit gesendet werden, tauchen die Kontaktadressen der Vereinsmitglieder in Gelsenkirchen am Bildrand auf. „So wissen unsere Landsleute in Deutschland, an wen sie sich wenden können, wenn sie helfen wollen“, berichtet der 25-Jährige. Der Verein sei eine wichtige Anlaufstelle für etwa 4000 Kroaten, die in NRW leben. Am Wochenende wird ein Transport mit Hilfsgütern aus Saarbrücken erwartet. Doch auch in Gelsenkirchen zeigen sich viele Menschen betroffen von den Folgen der Katastrophe. Zumal ihr Bezug zu Bosnien durch die Partnerstadt Zenica enger geworden sei.

LKW für den Transport der Hilfsgüter gesucht

Auch die Firma Pleiss, die ihren Firmensitz um die Ecke hat, sagte zu, Sachspenden nach Bosnien mitzuschicken. Im Vereinsheim stapeln sich bereits Windeln, Nahrungsmittel, Mineralwasser. Die Organisatoren der Hilfsaktion wollen einen Lkw nach Bosnien schicken und die Hilfsgüter über eine seriöse christliche Organisation an die Menschen verteilen lassen, die am schlimmsten unter den Folgen der Überschwemmungen zu leiden haben. Zwei Fahrer hat Ivan Kalfic bereits unter den Freunden gefunden. Er hofft, auch noch einen Lkw organisieren zu können.

Kinderkleidung, Windeln, Waschmittel und Werkzeug fehlen am dringendsten

Den Spendenaufruf schickte er auch an Oberbürgermeister Frank Baranowski, der die Mitglieder im Vereinsheim an der Herzogstraße besuchte und Hilfe in Form von Sachspenden zusagte. Der OB ruft alle Bürger der Stadt auf, für die Flutopfer in Bosnien zu spenden.

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In der nächsten Woche soll – nach aktuellem Stand – der Lastwagen mit Hilfgütern nach Bosnien starten. Wichtig für die, die helfen wollen: Am schnellsten und besten ist den Menschen in Zenica mit Sachspenden geholfen.

Dringend benötigt werden beispielsweise Desinfektionsmittel, Babynahrung, Kinder- und Unterwäsche, Windeln, Trinkwasser, Waschmittel, Gummistiefel, Werkzeug oder Arbeitshandschuhe.

In Zenica und Kakanj wie auch in Tuzla, Balegovac, Olovo und anderen Städten der Region ist die allgemeine Wasserversorgung knapp geworden. Das Komitee, das in Bosnien die Sachen an die Menschen verteilt, arbeitet nach Auskunft des kroatischen Heimatvereins rund um die Uhr. Sachspenden können im Vereinsheim, Herzogstr. 46, zwischen 18 und 21 Uhr, auch Samstag und Sonntag, abgegeben werden. Mehr Info bei castropic@yahoo.de. Geldspenden sind zudem möglich unter dem Stichwort „Balkanhilfe“ über die Aktion „Deutschland hilft“: Kontonummer 102030, Bank für Sozialwirtschaft, Bankleitzahl 37020500.