Gelsenkirchen. Da werden Täter zu Opfer: Vor Gericht müssen sich zwei Männer verantworten, die ein Erpresser-Pärchen um rund 300.000 Euro betrogen haben sollen.
Redlich verdientes Geld war es nicht, das das junge Pärchen verdient und wieder verloren hatte. Und so hält sich am Dienstag im Prozess vor dem Landgericht Essen das Mitleid mit den mutmaßlichen Opfern des angeklagten Betruges in Grenzen. Vor der XVII. Essener Strafkammer sind ein 49 Jahre alter Hertener und ein 39-jähriger Gelsenkirchener angeklagt, ein Erpresser-Duo um rund 300.000 Euro gebracht zu haben. Die beiden Männer bestreiten die Tat allerdings.
Aufsehen erregt hatte die „Pretty Woman“-Geschichte Anfang 2013, als das Pärchen vor Gericht stand. Die damals 30 Jahre alte Prostituierte bekam dreieinhalb Jahre Haft, ihr Freund, ein 27 Jahre alter Medizinstudent, zweieinhalb Jahre. Die Gelsenkirchener hatten einen reichen Unternehmer aus dem Essener Süden um 485.000 Euro erpresst. 2009 hatte der 39 Jahre alte Familienvater die Prostituierte kennengelernt. Er verliebte sich in sie, bat um private Treffen. Sie gewährte ihm diese, ihr Freund nahm allerdings das Liebesgestöhne der beiden auf, um ein Druckmittel in der Hand zu haben.
Immer wieder gedroht
Immer wieder verlangte und bekam sie Geld von ihrem Liebhaber. Wenn er nicht mehr zahlen wollte, drohte sie mit Auftritten in seiner Firma oder damit, seine Frau zu informieren. Er gab wieder Geld. Als er sich endgültig weigerte, tauchte sie mit einem Freund aus der Türsteherszene vor seinem Haus am Essener Baldeneysee auf. Da ging er zur Polizei.
Der Freund aus der Türsteherszene ist der 39 Jahre alte Angeklagte aus Gelsenkirchen. Er soll damals den Kontakt zu dem Hertener vermittelt haben, der dem Erpresser-Duo unter dem Alias-Namen „Michael Wagner“ lukrative Geschäftsideen angeboten haben soll. Es ging um Anlagemodelle im Auto- und Stahlhandel mit Saudi-Arabien, auch um günstige Goldgeschäfte. Rund 270.000 Euro vertraute das Pärchen dem Hertener laut Anklage an, verlor zusätzlich rund 50.000 Euro für einen Porsche.
Als sie die Geschichte in ihrem eigenen Prozess vor eineinhalb Jahren erzählten, sahen das viele als Schutzbehauptung. Doch die jetzt Angeklagten wurden ermittelt. Den Betrug weisen sie aber zurück. Der Hertener sagt sogar, er habe im Auftrag des Medizinstudenten den Betrüger spielen sollen, weil dieser die Prostituierte „abziehen“ wollte.