Essen. Die Gelsenkirchener Prostituierte, die einen Essener Unternehmer um fast eine halbe Million Euro erpresst hat, muss dafür ins Gefängnis. Das Landgericht Essen verurteilte die 30-Jährige zu dreieinhalb Jahren Haft. Über eine Zeit von eineinhalb Jahren hatte der 39-jährige Familienvater ihr immer wieder Geld gegeben.
Mitleid mit ihrem Opfer empfand sie nicht. Aber als die Gelsenkirchener Prostituierte Nicole S. hörte, dass sie dreieinhalb Jahre ins Gefängnis soll, flossen ihr aus Selbstmitleid Tränen übers Gesicht. 485.000 Euro hatten sie und ihr Freund einem Essener Geschäftsmann in nur eineinhalb Jahren abgenommen. Sie erpressten den 39 Jahre alten Familienvater mit der Drohung, alles seiner Ehefrau zu sagen und ihr eine Tonbandaufnahme vom Schäferstündchen vorzuspielen.
Für ihren Freund sah die II. Essener Strafkammer zweieinhalb Jahre Haft als angemessen an. Gut von ihren Anwälten beraten seien die beiden gewesen, deutete Richter Andreas Labentz an, dass das Urteil ohne Geständnis weit höher hätte ausfallen können. Im Gegensatz zu Staatsanwalt Dominik Schulte, der jeweils höhere Strafen gefordert hatte, zeigte die II. Strafkammer mehr Milde, „weil der Unternehmer es beiden leicht gemacht hat“.
Die Gier nach Geld stand im Vordergrund der Urteilsbegründung
Die Gier nach Geld stellte Labentz in den Vordergrund der Urteilsbegründung: „Geld kennt keine Sättigungsgrenze. Viel Geld weckt den Wunsch nach mehr Geld.“ Seit 2009 war der Unternehmer der einzige Kunde der Prostituierten aus dem Bochumer Bordell. Sie trafen sich privat zum Einkaufen, gingen zum Sex ins Hotel oder in ihre Wohnung. Bis zu 1000 Euro zahlte er dafür. Als er Ende 2010 weitere Treffen ablehnte, sah Nicole S. ihre Geldquelle versiegen. Heimlich ließ sie ein Diktiergerät beim Sex mitlaufen. Damit erpresste sie ihn. Er zahlte.
Zur Polizei ging er erst, als sie am 18. September 2012 mit einem 36-jährigen Gelsenkirchener aus der Türsteherszene vor seinem Privathaus am Baldeneysee auftauchte, um ihn einzuschüchtern. Der Unternehmer war gerade auf dem Weg, seinen Sohn zum Kindergarten zu bringen. Neun Monate Haft mit Bewährung wegen Nötigung bekam der mitangeklagte Türsteher, muss 1000 Euro Geldbuße an den Kinderschutzbund zahlen.
Betrüger aufgesessen?
Dass er tatsächlich von der Erpressung wusste, konnte die Strafkammer ihm nicht nachweisen. Labentz sprach aber die guten Milieukontakte des Angeklagten an. Er soll dem Erpresserpaar auch einen Mann vermittelt haben, der den beiden laut ihrer Aussage Geschäftskontakte im Auto- und Stahlhandel mit arabischen Ländern anbot.
Mit 300.000 Euro Startkapital von ihnen soll er auf Nimmerwiedersehen verschwunden sein, gaben Nicole S. und ihr Freund an. Ob dies nur eine Schutzbehauptung ist oder das Erpresserpärchen selbst Opfer eines Betrügers wurde, ermittelt aktuell die Polizei. Nicole S. kann auch selbst nach dem Mann suchen. Das Gericht hob den Haftbefehl gegen sie nach sieben Monaten U-Haft auf, damit sie Chancen auf den offenen Strafvollzug hat.