Gelsenkirchen. Felix Krebber ist öffentlichen Protest der Bürger nachgegangen. Er ist Mitherausgeber des Buches „Akzeptanz in der Medien- und Protestgesellschaft“.
Stuttgart 21 ist das Synonym schlechthin für Bürgerprotest. Die Elbphilharmonie in Hamburg, die Stromtrasse durch den Thüringer Wald, die Waldschlösschenbrücke in Dresden sind weitere Beispiele. Bürger protestieren gegen Windparks und Kraftwerke, gegen Unternehmensentscheidungen, marode Banken und die Bischofskonferenz. Felix Krebber (28), M.A., wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Uni Leipzig, ist dem öffentlichen Protest der Bürger nachgegangen. Er ist Mitherausgeber des Buches „Akzeptanz in der Medien- und Protestgesellschaft“ und sagt: „Sämtliche Akteure haben heute mit Bürgerprotest zu tun.“
Seine Verbindung zu Gelsenkirchen? Er ist hier aufgewachsen: Abitur am Ricarda-Huch-Gymnasium, Zivildienst im Kinderheim St. Josef, Mitglied in der Pfadfinderschaft St. Georg, Pressearbeit für den Bund der Katholischen Jugend Deutschland Gelsenkirchen. Dass er die Heimatstadt noch im Blick hat, wird daran deutlich: „Der Bürgerhaushalt Gelsenkirchen ist beispielhaft; es zeigt, dass Bürger nicht nur dagegen sind, sondern konstruktiv mitarbeiten.“
Mehr Bürgerproteste
Öffentlicher Bürgerprotest hat zugenommen. Das ist eine Erkenntnis der Herausgeber. „Das Durchregieren funktioniert nicht mehr“, sagt Krebber. Die Gründe? Der Protestbürger hat mehr Informationsmöglichkeiten, einen akademischen Abschluss und lehnt die „Bulldozer-Mentalität der Politiker“ (Krebber) ab.
Kulturgut Heimat wird angegriffen
Dass das Vertrauen in die Politiker nicht groß ist, belegt eine aktuelle Studie des Marktforschungsinstituts GfK. Danach vertrauen nur 15 Prozent der Deutschen den Politikern, führenden Kommunalpolitikern immerhin 55 Prozent. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Entscheidung über den Bau eines Flughafens, einer Brücke, eines Bahnhofs oder eines Speichersees mehr in das Lebensumfeld eingreift als der Bau eine Garage nebenan.
„Bei Projekten wie Stuttgart 21 oder der Stromtrasse durch den Thüringer Wald wird das Kulturgut Heimat angegriffen“, so der Wissenschaftler. Dabei würden die Bürger weniger oft auf die Barrikaden gehen, wenn sie im Vorfeld gehört würden, konstruktiv mitarbeiten könnten, die Verfahren transparent und die Projekte akzeptabel wären. Deshalb bezeichnet Krebber den Bürgerprotest auch nicht als „reines Dagegenhalten“. „Damit würde man das Bürgerengagement abqualifizieren.“ Vielmehr liege es an den Akteuren, im Zusammenspiel mit Anwohnern nach Lösungen zu suchen.
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Das würde er gerne den Politikern ins Stammbuch schreiben: „Hört stärker hin“. Ein „wesentlicher Treiber“ (Krebber) des Bürgerprotestes ist der Medienwandel. Auch diesem Aspekt widmet das Buch ein Kapitel. Das Internet mit Homepages, Blogs und Facebook, Twitter und Tweets, aber auch die Tatsache, dass Journalisten heute mehr denn je „im Aufmerksamkeitswettbewerb“ stünden, befeuerten den Bürgerprotest.
Akzeptanz bei Infrastrukturprojekten
In seiner Dissertation, an der Felix Krebber zurzeit schreibt, beschäftigt er sich mit der kommunikativen Dimension von Akzeptanz bei Infrastrukturprojekten. Das Promotionsvorhaben wird gefördert durch die Hanns-Seidel-Stiftung aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Das Buch „Akzeptanz in der Medien- und Protestgesellschaft – Zur Debatte um Legitimation, öffentliches Vertrauen, Transparenz und Partizipation“ ist 434 Seiten stark, hat 24 Abbildungen und Softcover. Es kostet 39,90 Euro / ISBN 978-658-06166-1. Das Buch ist auch als eBook erhältlich.