Gelsenkirchen. Rasmus Baumann steht seit nunmehr über 100 Tagen als Generalmusikdirektor am Pult der Neuen Philharmonie Westfalen und zieht erste positive Bilanz.

Der Anfang ist gemacht. Mehr als 100 Tage steht Rasmus Baumann inzwischen als Generalmusikdirektor an der Spitze des größten deutschen Landesorchesters, der Neuen Philharmonie Westfalen. Auf die pralle Startphase am Pult des Mammutorchesters blickt der Dirigent zufrieden zurück: „Bislang hat fast alles geklappt, was ich mir für meine neue Aufgabe vorgenommen habe.“

Dabei geriet der Start durchaus holprig, als sich ein Teil des Orchesters zunächst vehement gegen die Wahl von Baumann als Nachfolger von Heiko Mathias Förster stemmte. „Ach ja“, lacht Baumann im WAZ-Gespräch, „das gab’s ja auch noch!“ Eigentlich schon längst vergessen. Von den einstigen Vorbehalten einiger Musiker spürt der Taktgeber am Pult heute nichts mehr, sagt er: „Das Orchester musiziert sehr produktiv und sehr entspannt. In den Proben und den Konzerten herrscht eine gute bis sehr gute Stimmung.“

Überhaupt das Spiel, der wichtigste Part eines Klangkörpers: „Die Musiker spielen sehr gelöst und sehr freudig, das finde ich ganz toll.“ Das dickste Kompliment hält der Chef für seine Musiker und deren Interpretation des Opernbrockens „Die Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss bereit: „Diese Oper zählt zu den fünf schwierigsten Werken überhaupt, da war ich über die Leistung des Orchesters sehr glücklich.“

Dass die Musiker sich mit ihrem Chefdirigenten inzwischen offensichtlich gut arrangiert haben, liege sicher auch daran, „dass sie registriert haben, dass wir alles im Sinne des Ensembles machen“.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Mit der Installation einer neuen Kammermusikreihe im Hans-Sachs-Haus und in der Sparkasse Gelsenkirchen zum Beispiel, die den Musikern eine schöne Chance bietet, sich und ihre Ensembles zu präsentieren. Die Publikumsresonanz auf diese Reihe sei enthusiastisch: „Das Format gefällt.“

Ebenso habe sich die Wahl hochkarätiger Solisten und die Reduzierung der Termine der Sinfoniekonzerte auf nur noch einen am Montag bewährt: „Das würde ich immer wieder so machen. Es ist für Orchester und Musiker gleichermaßen angenehmer, vor einem vollen Haus zu spielen als vor einem halb leeren.“ Die Zahlen in der Spielzeit zuvor seien einfach nicht mehr gut gewesen. Von den Abonnenten seien nur wenige ausgestiegen: „Wer unbedingt den Dienstag behalten möchte, kann zudem das Konzert im Festspielhaus Recklinghausen besuchen.“

Gut funktioniert habe auch die Zusammenarbeit mit den Chören aus den drei Trägerstädten: „Das werden wir weiter verfolgen.“

Überrascht ist der „General“ darüber, dass er sehr viele nicht künstlerische Aufgaben zu erledigen hat: „Mehr als erwartet.“ Bei den Sorgen um die Tarifanpassung bei den Musikergehältern sieht der GMD Licht am Ende des Tunnels: „Die Verhandlungen laufen, da zeichnen sich Lösungen ab.“

"Es geht in dem Tempo weiter"

Gemeinsam mit dem neuen Geschäftsführer Dr. Jörg Hillebrand bastelt Baumann an vielen weiteren Ideen und Konzepten: „Dass wir bislang noch nicht auf Burg Lüttinghof spielen, ist ein Unding, da sind wir dran.“ An vielen anderen ungewöhnlichen Konzertstätten ebenfalls. Fertige Konzerte an andere Standorte zu verkaufen, bleibt wichtiges Ziel. Die am Musiktheater überaus erfolgreiche Crossover--Reihe zum Beispiel.

Das aktuelle Filmkonzert ging kürzlich in Recklinghausen über die Bühne. Bei der Zuhörerzahl ist dort aber noch Luft nach oben: „Auch in Gelsenkirchen brauchte es ein Jahr, bis sich diese Reihe etabliert hat.“

Rasmus Baumann, der Macher, sagt nach den ersten 100 Tagen über sein weiteres Engagement: „Es geht in dem Tempo weiter. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“