Gelsenkirchen. Statt der guten alten Leiter und dem Gerüst reicht ein kleiner Steuerungshebel: Drohnen liefern dem Handwerk messerscharfe Bilder aus der Luft. Die moderne Technik zieht weitere Kreise.

Wenn Dachdecker nachsehen, an welchen Stellen Ziegel oder Schiefer ausgebessert werden müssen, dann steigen sie auf eine Leiter. Christian Richter (44) muss das nicht.

Der Feldmarker erledigt das vom Boden aus mit einem Joystick (Steuerungshebel). Damit dirigiert er seine Drohne, wie gestern am Haus der Handwerkskammer in Buer, in die gewünschte Höhe und kann Aufnahmen vom Dach machen. Die messerscharfen Bilder wertet der offiziell bestellte Sachverständige und Dachdeckermeister am Computer aus, kann jenseits von Wind und Wetter in der warmen Stube genau feststellen, wo auf dem Dach ausgebessert werden muss. Ins Handwerk zieht immer mehr High-Tech ein. Noch ist Richter der einzige unter den 36 Sachverständigen im Bereich Westfalen mit einer eigenen Drohne oder besser gesagt, einen Quatrocopter. 3000 Euro hat er sich das High-Tech-Gerät kosten lassen. Es kann bis zu 500 Meter hoch fliegen. „Erlaubt ist aber nur eine Flughöhe bis zu 100 Metern“, sagt Christian Richter. Das wieselflinke Fluggerät mit seinen ruckartigen Flugmanövern ist handlich, keine fünf Kilogramm schwer und hat eine hochauflösende Minikamera. Es ist eine Art fliegendes Auge im Dienste des Handwerks, wie der Sachverständige sagt. Auch seine Kollegen haben bereits ein Auge darauf geworfen.

Vorläufermodelle kosteten 15.000 Euro

Die Vorteile liegen auf der Hand. Es erspart Zeit und Kosten. „Oft benötigen Sachverständige oder Dachdecker nicht nur eine Leiter, sondern auch einen Hubwagen oder gar ein Gerüst, um ein Dach in Augenschein zu nehmen.“ Mitunter dauert dies zwei bis drei Tage. Mit dem Quatrokopter dauert es maximal zwei bis drei Stunden.

Das Hobby ist nun Teil seines Berufs

Christian Richter hat bereits vor Jahren Drohnen als sein Hobby entdeckt. Mittlerweile hat er sein Hobby in den Beruf eingebracht und geht nun professionell damit um.

Er ist vereidigter Sachverständiger für das Dachdeckerhandwerk. Unter anderen wird er von Gerichten bei Streitfragen als Experte zu Rate gezogen.

„Das kleine Gerät gelangt flugs auch an die Stellen, die ein Dachdecker nur mit Riesenaufwand erreicht.“ Deswegen geht Richter davon aus, dass die fliegenden Kameras sich auch in anderen Branchen durchsetzen werden. Dafür spricht auch der ständig sinkende Preis. Die Vorläufermodelle haben vor zehn Jahren stolze 15.000 Euro gekostet.

Sorge macht ihm aber das schlechte Image. Auch weil immer wieder Schindluder betrieben wird und Drohnen als Gefährdung wahrgenommen werden. „Vielen ist unwohl, weil sie fürchten ausgespäht zu werden“, sagt er. Die Angst sei aber unbegründet. Seine Drohne macht viel Lärm und blinkt grün-rot am Himmel. „Wenn ich heimlich ausspähen wollte, dann bestimmt nicht mit fiependen und blinkenden Geräten“, wirbt er für die Technik. Deren Einsatz zudem kontrolliert wird. So muss er zum Beispiel jeden Start samt Ort und Dauer vorher der Polizei mitteilen sowie protokolierern.

Drohnentechnik ist längst noch nicht am Ende 

Mit einer Drohne kann der Steuerer vom Boden aus sehen, was oben unterm Wetterhahn los ist. Dächer werden hochauflösend abgefilmt, können später in einzelne Bilder „zerlegt“ und ausgewertet werden. Beschädigungen am Dach auch im Zentimeterbereich werden sichtbar gemacht. Doch nicht nur im Dachdecker-Bereich hat die Drohne im Alltag ihren Arbeitsplatz gefunden. Die Drohnentechnik ist längst noch nicht am Ende. Post und Amazon loten derzeit Möglichkeiten aus, Pakete per Drohne zuzustellen.

Bei dem vielfältigen Einsatz - es gibt auch kleine preiswerte Drohnen für den Hobby-Gebrauch, die sich über das Handy steuern lassen - gibt es Regeln. Zur Zeit darf praktisch jeder eine Drohne steuern, wenn sie nicht mehr als fünf Kilogramm wiegt. Wer sie gewerblich nutzt benötigt eine Genehmigung der Bezirksregierung. Nötig dafür sind ein Versicherungsnachweis Angaben über Schulungen oder Erfahrungen des Antragstellers sowie technische Angaben zum Fluggerät. Die Genehmigung wird für zwei Jahre erteilt und kostet 250 Euro.

Bei privaten Aufnahmen von Gebäuden muss geklärt werden, ob am geplanten Ort eine Drohne fliegen darf. Bei Veröffentlichung sollte die Zustimmung der Eigentümer vorliegen. Im öffentlichen Raum können Aufnahmen von Personen ohne ihre Einwilligung dann gemacht und veröffentlicht werden, wenn diese nicht identifizierbar sind.