Gelsenkirchen. Ernst Schmidtfranz hat vor 50 Jahren seinen Betrieb gegründet. An Ruhestand denkt der Haverkämper auch mit 76 Jahren noch nicht. Zur Tischlerei kam ein Bestattungsinstitut, das heute den Geschäfts-Schwerpunkt bildet. Beim Jubiläum am 20. Oktober bekommt Schmidtfranz auch den Goldenen Meisterbrief.
Vor fast 15 Jahren, da hat Ernst Schmidtfranz mal ernsthaft über den Ruhestand nachgedacht. Hat seine Maschinen verkauft, wollte einen Schlussstrich unter sein Arbeitsleben als Tischler ziehen. Daraus wurde nichts. Die Leidenschaft für den Beruf war größer. Und so machte er an der Sauerlandstraße weiter, immer weiter.
„So lange ich darf und es mir Spaß macht, arbeite ich. Ich mach’ das ja gerne“, sagt Schmidtfranz und schmirgelt schwungvoll alten Lack („fünf Lagen!“) von einem Sideboard, seinem Gesellenstück. Das Nussbaumholz bereitet er gerade wieder auf. Nebenan in der Werkstatt liegt ein Buchengeländer. Gedrechselte Stäbe, der Handlauf fein herausgearbeitet, der Pfosten kanneliert – meisterliche Bauteile eines aktuellen Auftrags. „Er kann nichts machen, was nicht stabil ist“, sagt seine Frau und lacht. 76 Jahre alt ist Ernst Schmidtfranz mittlerweile. Der Händedruck ist fest, das weiße Haar dicht, der Elan ungebrochen. Immer an seiner Seite: Gattin Gisela. „Wir haben uns kennengelernt, als er den Laden umgebaut hat, in dem ich damals als Verkäuferin gearbeitet habe“, sagt die 74-Jährige. Für Schmidtfranz war zu der Zeit schon klar: „Ich mach mich selbstständig.“
Jubiläumsfeier mit Familie und geladenen Gästen
Seit 53 Jahren sind die beiden nun verheiratet, seit 50 Jahren sind sie auch geschäftlich verbunden. Nach bestandener Meisterprüfung meldete Schmidtfranz am 20. Oktober 1964 die eigene Tischlerei an. „Wir haben aus dem Stand heraus eröffnet und Tag und Nacht gearbeitet. Urlaub kannten wir und unserer Kinder damals gar nicht“, blickt Gisela Schmidtfranz zurück.
Stammsitz war zunächst die Bickernstraße, 1970 ging es vorübergehend nach Rotthausen, 1988 zurück nach Bismarck und in den Betrieb an der Sauerlandstraße 15. Werkstatt und Hallen hat Schmidtfranz damals gekauft. Montag feiern die beiden dort mit ihrer Familie und vielen geladenen Gästen das Jubiläum. Offiziell bekommt Schmidtfranz dann auch den „Goldenen Meisterbrief“ überreicht.
Vom Tischler zum Bestatter
Fenster- und Innenausbau: Das waren früh die wirtschaftlichen Standbeine für den Betrieb. „Wir haben viele Büros und Verwaltungsgebäude ausgestattet, allein für die Post zig Dienststellen“, sagt der Meister. In den späten 1970ern sah er einen neuen Trend: „Immer mehr ältere Leute brauchten höhere Betten. Die haben wir dann passend zu ihren Schlafzimmern gefertigt. Doch als die Industrie spitz hatte, dass damit was zu verdienen ist, war das nix mehr.“ Flexibel sein, Marktchancen erkennen, Qualität liefern, Verlässlichkeit bieten – das hat Schmidtfranz über die Jahrzehnte gebracht. Lehrlinge hat er lange ausgebildet, sechs legten später selbst die Meisterprüfung ab.
Allerdings haben sich nach und nach die Schwerpunkte im Betrieb verschoben – vom Tischler zum Bestattungs-Dienstleister. Als Familienbetrieb führen die Schmidtfranz’ mittlerweile zwei Bestattungshäuser in Bismarck und Wanne. „1980 haben wir wieder mit Bestattungen angefangen“, sagt der Senior. „Bestatter waren früher ja auch immer Schreiner. Das ist ja die Grundlage des Berufs.“ Und nun die Basis des Geschäfts.
"Als ich angefangen habe, waren es noch rund 130 Betriebe"
So drastisch wie in anderen Handwerkssparten gingen die Betriebszahlen der Schreiner und Tischler nicht zurück. Doch auch hier ist der Schwund deutlich. Ernst Schmidtfranz schätzt, „dass wir vielleicht noch 60 Betriebe haben. Als ich angefangen habe, waren es noch rund 130.“
In Tischlerei und Bestattungsbetrieb beschäftigt Schmidtfranz elf Personen. Der Senior war lange auch im Innungsvorstand aktiv. Tochter Kornelia Schmidtfranz-Blum ist Geschäftsführerin, Sohn Jörg, ursprünglich Chemielaborant, arbeitet seit zwei Jahren auch im Bestattungs-Betrieb.