Gelsenkirchen. Im Mai hat sie in Tampere ihr Abi gemacht. Ihren 19. Geburtstag feierte Sylvia Mäkela bei strahlender Oktobersonne in Gelsenkirchen. Nach vier Monaten im Ruhrgebiet kehrt sie nun bald zurück.

Im Drogeriemarkt dürften sich Beobachter gewundert haben, als die junge Frau vor dem Nagellack-Regal entzückt ihr Smartphone zückte, ein Foto schoss und es umgehend versandte. Eins der vielen kleinen und großen Highlights für Sylvia Mäkela. In diesem Fall: Farbenvielfalt ohne Ende und preislich viel günstiger als daheim. Gekauft hat Sylvia aber lediglich eine Zahnbürste. Und die mit Karte bezahlt. Was wiederum die Kassiererin leicht irritierte . . .

Das Drogerie-Erlebnis birgt gleich zwei Dinge, die Deutschland und Finnland, die Heimat der 19-Jährigen, unterscheiden: Das Leben im dünn besiedelten 5,4 Millionen Einwohner-Ländle in Skandinavien ist teurer – und bezahlt wird dort (fast) nur mit Bankkarte.

Wenn Sylvia in ein paar Tagen wieder gen Norden reist, liegen vier spannende Monate hinter der angehenden Studentin (Zielfach: Wirtschaftswissenschaften), die bei Weltläden Basis-Geschäftsführer Martin Müller und seiner Frau Judith Peinecke-Müller zu Gast ist. Die Müllers sind mit Sylvias Eltern befreundet, was den Aufenthalt der 19-Jährigen in Gelsenkirchen erklärt. Vor Ort hat die junge Finnin, die schon in der dritten Schulklasse Deutsch als Fremdsprache wählte, den Online-Shop für die Weltläden-Basis aufgebaut, mit dem der Handel mit fair produzierten Taschen aus Indien, Vietnam und Madagaskar in Schwung kommen soll (www.fairetaschen.de).

„Ich möchte nie in Deutschland Auto fahren“

Seit Oktober hat Sylvia Mäkela ein zweites Standbein im aGEnda 21-Büro. An jeweils zwei Tagen die Woche hat sie u.a. das Layout für ein neues Kinderbuch für Kitas entworfen und die Eine-Welt-Konferenz für Schüler mit vorbereitet. Als Finnin avancierte sie quasi zum internationalen Gesicht des Kollegs 21. Die junge Frau wird viele Eindrücke mit in ihre Heimatstadt Tampere nehmen. Etwa, dass es hier im Ruhrgebiet „so viele Autos“ gibt, dass im Pott sehr viele Menschen leben. „Hier ist irgendwie alles schneller. Aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt“, lächelt sie. Und macht keinen Hehl daraus, was sie niemals tun wird: „In Deutschland Auto fahren!“

Auf Schalke war sie gewesen. „Das war toll. Alle waren blau-weiß angezogen. In Finnland werden nicht so große Sportpartys gefeiert.“ Dort würde es auch länger dauern, jemanden kennen zu lernen. „Das geht in Deutschland schneller. Die Menschen reden viel.“ Was sie nicht negativ verstanden wissen will, denn die Leute seien nett und offen. „Gelsenkirchen ist eine schöne Stadt, nicht zu groß“, sagt Sylvia. Und lächelt verschmitzt. Sie hat natürlich auch die Sauna im Gesundheitspark Nienhausen besucht. Den typisch puren finnischen Wasseraufguss gewöhnt, wird ihr nicht nur der „Erlebnisaufguss“ mit Kirsche-Lemonaroma in Erinnerung bleiben . . .

Faire Schokolade und Sauna-Sitten

Neben Kirsche-Lemon hat Sylvia Mäkela nämlich noch „zehn verschiedene Duftnoten“ beim Schwitzen erschnuppert. Noch etwas unterscheide die Sitten: „Bei uns gehen Frauen und Männer nur getrennt in die Sauna.“

Fair gehandelte Produkte sind in Finnland noch nicht so verbreitet, sagt sie. „Faire Schokoladen gibt es aber schon in den Supermärkten.“ Die große faire Vielfalt hat sie jetzt in Gelsenkirchen kennen gelernt.