Gelsenkirchen. Das Wollfachgeschäft Annes Lädchen schließt am 31. Dezember. Der Grund sind Umsatzeinbrüche, den die Inhaberin auf das Baustellengeschehen zurück führt.

Seit gut zwei Wochen rappelt’s an der Ahstraße zwischen Heinrich-König-Platz und Treppe. Kurz vor Beginn der Adventszeit wurde der Fußgängerbereich vor der Props-teikirche St. Augustinus aufgerissen. Anfang vergangener Woche fielen dann auch noch mit den vier Straßenbäumen Schattenspender und grüne Blickfänge.

Seit gut zwei Wochen steht auch der Entschluss von Anne Zielinski: Sie wird ihr Wollfachgeschäft schließen. Am 31. Dezember ist Schicht in „Annes Lädchen“, dass die 57-Jährige vor fünf Jahren an der Ahstraße 10 voller Optimismus eröffnet hat. Seit Beginn der Bauarbeiten am Heinrich-König-Platz ging es indes langsam bergab. „Man hat uns zwar die Plakate an den Bauzaun gemacht, aber die Kundschaft blieb weg“, konstatiert sie. Und das, obwohl Handarbeit wieder auf dem Vormarsch ist. „Stricken ist absolut in“, sagt die Inhaberin des letzten Wollfachgeschäfts in Gelsenkirchen.

"Das bunte Publikum sieht uns nicht mehr"

Dass die Arbeiten an der Ahstraße in vollem Gange sind, „ist keine gute Idee jetzt im Weihnachtsgeschäft . . .“ Anne Zielinski hat nachgedacht. Noch ein Jahr mit Baustelle – diesmal unmittelbar vor ihrem „Lädchen“? Nein. „Meine Umsätze haben sich seit Februar 2014 im Vergleich zum Jahr davor halbiert.“ Und noch einmal selbstständig machen? „Nein!“

Floristin Heike Wilp (49) vom gleichnamigen Blumenhaus ist baustellengeschädigt. Neben dem Blumenladen an der Ahstraße 2 gibt’s ja noch den Firmensitz an der Bismarckstraße 268. Allein die Beschilderung der Umleitungen sei wie eine Warnung vor einer Krankheit. „Fahren sie bloß nicht in die Bismarckstraße . . .“ Und was die Niederlassung in der Altstadt angeht, meint sie rückblickend mit sarkastischer Note: „Führen sie mal ein Geschäft hinter einer Baustellenplane.“ Nun, die Plane ist weg, die Geschäftsfrau weiter bekümmert. Rund um die Großbaustelle gebe es eine ganz schlechte Informationspolitik. Auswärtige Kunden kämen kaum noch. „Das bunte Publikum sieht uns nicht mehr.“ Ja, meint sie zwar, „wir freuen uns über Neues, aber man muss auch an die Existenz der Leute denken“. Und in diesem Zusammenhang auch an die Struktur der Bismarckstraße, die enorm leide.

Apotheker Matthias Kollmann von der Rosen-Apotheke an der Robert-Koch-Straße 2 ist baustellengeübt. Ja, die Laufkundschaft fehle, aber der normale Apothekenbetrieb laufe weiter, „weil die Ärzte da sind“. Gleichwohl hofft der 42-Jährige, „dass in einem halben Jahr alles vorbei ist“. Und bricht eine Lanze für die Verwaltung. „Wo die Stadt Möglichkeiten hat, hilft sie auch“, sagt er. Beispielhaft nennt er die Übergangsbeleuchtung. Über die sich auch Orthopädietechniker Ludger Schoof freut. „Als die Lampe noch nicht da war, gab es bei mir zwei Einbruchsversuche.“ Mit niederrheinischer Gelassenheit sagt er: „Wir haben eineinhalb Jahre hinter uns. Das nächste schaffen wir auch noch.“