Gelsenkirchen. Für die Stölting Service Group bedeutet Wachstum auch stets Verdrängung. Im Kampf um Marktanteile spürt das Gelsenkirchener Unternehmen Gegenwind.
In der Reinigungsbranche zählt Stölting zu den Top-Playern im Land. „In NRW sind wir da die Nummer zwei und im Ruhrgebiet der Marktführer“, sagt Hans Mosbacher. Gut 3500 Beschäftigte zählt er allein in dieser Unternehmenssparte. Der 56-Jährige ist geschäftsführender Gesellschafter der Stölting Service Group. Ein Macher-Typ, von Haus aus Handwerksmeister, durchaus hemdsärmelig, offenbar gesegnet mit strategischen Qualitäten, gepaart mit hohem Durchsetzungsvermögen. Innerhalb weniger Jahre hat Mosbacher aus einem regionalen Dienstleister eine national auftretende Holding mit 30 Tochterfirmen geformt: weitgehend durch Zukäufe, auch durch die Übernahme neuer Sparten.
„Unser Wachstumskurs wird so weiter gehen“, kündigt Mosbacher an. „Unser Ziel ist: Da, wo wir vertreten sind, wollen wir unter den drei größten Anbietern sein.“ Pro Jahr rechnet er dafür weiterhin mit „mindestens zweistelligem Zuwachs“, weiß aber auch: „Wir befinden uns in einem Verdrängungswettbewerb. In der Reinigungsbranche oder Sicherheitsdiensten gibt es kein generelles Wachstum.“ Stöltings Erfolg fußt daher auch „auf einem guten, aber recht aggressiven Vertrieb. Wir haben Mitbewerbern Aufträge abnehmen können. Das hat manchen sicher weh getan.“
Der Stölting-Jahresumsatz schnellte zuletzt über die 100-Millionen-Marke. In Erle an der Willy-Brandt-Allee wird der Aufstieg auch baulich sichtbar: Die Hauptverwaltung wächst und wächst, Stölting belegt mittlerweile einen ganzen Verwaltungs-Komplex. Hier hat auch Mosbacher sein Büro. Gediegenes Ambiente, Ledersitzgruppe, zeitgenössische Kunst und ein riesiges Arena-Foto zieren sein Arbeitsumfeld, ein Panoramafenster gibt den Blick frei auf das wachsende Stölting-Reich, in das mittlerweile auch zwei Mosbacher-Söhne, 23 und 26 Jahre alt, eingestiegen sind.
„Vor Ort gibt es keine Probleme. Da sind alle glücklich“
Jahrelang ging es weitgehend geräuschlos bergauf. Doch in diesem Herbst gab es erstmals heftigen Gegenwind. Stölting wurde mit Sicherheitsdiensten in Flüchtlingsheimen beauftragt, nachdem ein Mitbewerber sich durch die Misshandlung von Bewohnern diskreditiert hatte. Der öffentliche Fokus liegt auf dem Bereich. Gute Arbeit hier, weiß Mosbacher, kann weitere Türen öffnen. Manche, glaubt der Chef, wollen ihm diese beizeiten zuschlagen. Tarifverstöße, mangelnde Qualifizierung, schlechter Führungsstil oder auch fehlende Verbandszugehörigkeit im BDSW, dem Bundesverband der Sicherheitswirtschaft wurden Stölting vorgeworfen. Gegen manche Angriffe wehrte sich das Unternehmen mit einstweiligen Verfügungen, gegen andere mit der Offenlegung von Daten, Fakten und der Einbeziehung von Gutachtern. So ist Stölting tatsächlich nicht im BDSW, sondern im VSW, dem Verband für Sicherheit in der Wirtschaft – aber die Firmentochter S.E.T., deren Mitarbeiter in den Flüchtlingsunterkünften im Einsatz sind, zählt zum geforderten Verband. Um eine Aufnahme hatte sich Stölting jüngst selbst bemüht, zunächst vergeblich.
Natürlich, betont Mosbacher, erfülle Stölting alle Standards, zahle Tariflöhne und sehe sich als solider Vertragspartner. „Vor Ort gibt es keine Probleme. Da sind alle glücklich.“ Mit gut 200 Mitarbeitern ist sein Unternehmen in bislang acht Flüchtlingsheimen im Einsatz. Ein – für Stölting – wachsender Markt und entsprechend umkämpft. Die gewichtigen Gegner: Platzhirsche wie Securitas oder Kötter. „2009 sind wir größer im Sicherheitsbereich eingestiegen und in dem Segment sehr erfolgreich.“ Knapp 1000 Mitarbeiter zählt Mosbacher zu den Veranstaltungsdiensten, ähnlich viele im Objektschutz, bei Streifendiensten und der Alarmverfolgung. Um zu wachsen, weiß Mosbacher, ist das Vertrauen der Kundschaft entscheidend. Und das, glaubt er, werde von interessierter Seite gezielt erschüttert. „Das ist eine Situation, in der wir von vielen Seiten angefeindet werden.“
„Wenn wir nicht funktionieren, funktioniert auch der Krankenhausbetrieb nicht“
Durch die Aufträge in den Flüchtlingsunterkünften, so Hans Mosbacher, entstünden auch Kontakte zu „Entscheidern auf Landesebene, die für die Sicherheitsdienste zuständig sind“, zum Beispiel auf Flughäfen oder an Kernkraftwerken. Damit sei Stölting in der Sicherheitssparte das erste Mal „ein ernst zu nehmender Wettbewerber“ für die Branchen-Riesen. Die Anwürfe gegen Stölting sieht er in diesem Zusammenhang.
„Und es geht weiter, jetzt im Reinigungsbereich“, sagt der Inhaber. Zum 1. Oktober 2014 hat Stölting die Reinigung des Marienhospitals in Buer übernommen, zum 1. Januar 2015 folgt das Haus in Ückendorf. „Die Reinigung von Kliniken ist Referenz-behaftet und für uns ein großes Thema, weil sie anspruchsvoll, zeitintensiv und auch umsatzstark ist. Entsprechend groß sind die Anforderungen. Wenn wir nicht funktionieren, funktioniert auch der Krankenhausbetrieb nicht“, erklärt Mosbacher den Wert der Aufträge für Stölting. Doch er registrierte das „gleiche Spiel. Uns wurde von außen unterstellt, dass wir dafür nicht geeignet seien.“ Vorwürfe, die Mosbacher zurück weist. „Unser Kapital sind Menschen. Wir produzieren nichts, wir bieten Personaldienstleistung. Die gute Ausbildung unserer Mitarbeiter dient dazu, unsere Reputation zu erhöhen. Das ist letztlich Qualitätssicherung.“