Gelsenkirchen. . Im Gelsenkirchener Hans-Sachs-Haus hat eine Ausstellung eröffnet, die „Die fünfte Ansicht“, Dächer in den Fokus nimmt. Das Museum für Architektur und Ingenieurskunst zeigt, erzählt und erklärt dabei die Geschichte spektakulärer Konstruktionen und der Genialität jener, die sie realisierten.
Sie krönen Bauwerke in unterschiedlichster Gestalt: Dächer in Form von Gewölben, Schalen, Kuppeln und Schirmen sind Thema der Ausstellung „Die fünfte Ansicht“ im Atrium des Hans-Sachs-Hauses, die das Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW zusammengetragen hat.
20 bautechnisch revolutionäre Dachkonstruktionen – ein Zeitstrahl mit ausführlichen Erläuterungen der Baugeschichte und der Konstruktion, aufbereitet für Laien und Fachpublikum, leitet vom antiken Pantheon in Rom, dessen Konstruktion Experten bis heute Rätsel aufgibt, bis hin zum Dach des Münchener Olympiageländes. Der Fokus liegt auf der Kunst der Realisierung solch kühner, innovativer Konstruktionen.
Ein Goldschmied entwarf die legendäre Dom-Kuppel in Florenz
Die Trennung zwischen Architekt und Ingenieur ist noch recht jung. Früher gab es Baumeister mit unterschiedlichster Vorbildung. Filippo Brunelescchi etwa, der Mann, der die legendäre doppelwandige Kuppel auf den Dom zu Florenz erdachte, war von Haus aus Goldschmied. Sein Verdienst war es – neben der Sensation, eine Kuppel ohne Gerüst zu errichten – neue Baumaschinen zu erfinden, die das ermöglichen.
Die Ausstellung zeigt, wie die Umsetzung berühmter, kühner Entwürfe funktioniert hat, wie Materialien Bauweisen revolutionierten und welche konstruktiven und gestalterischen Dachlösungen wirklich wegweisend waren. Das bewegte Dach des Olympiastadions , das von starren und flexiblen Bauteilen bestimmt wird, bauten die Ingenieure zuerst als Modell mit Damenstrümpfen und Heftzwecken. Dass eine solche Konstruktion tragfähig sein könnte, wurde zunächst arg bezweifelt.
Studienmodelle zur Tragfähigkeit einer hauchdünnen Tankstellen-Überdachung
In der Ausstellung sind auch 20 zeitgenössische spektakuläre und experimentelle Dachkonstruktionen zu sehen. Anschauliche Modelle, auch zu Studien zur Tragfähigkeit, sowie Schautafeln und Fotos, präsentiert in klassischen, offenen Holzhäuschen, informieren über Geschichte, Entstehung und Konstruktion. Darunter selbstredend auch die 560 Tonnen schwere Dachkonstruktion der Arena auf Schalke, die nicht zuletzt wegen des bergbaubedingt sensiblen Untergrunds die Ingenieurskunst vor sehr besondere Herausforderungen stellte.
Den Kristallpalast in London zeichnete ein Gärtner auf Löschpapier vor
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Der längst abgerissene Londoner Kristallpalast von 1852, entworfen von einem Gärtner, das erste Bauwerk, das mit Fertigteilen arbeitete, die Jahrhunderthalle Breslau, die als erstes Monumentalbauwerk mit Moniereisen erbaut wurde und von vielen seiner Schlichtheit wegen als „Hutschachtel“ verspottet wurde und schließlich die spezielle Geschichte des Opernhauses in Sydney, die der DäneJorn Utzon entworfen hatte, aber wegen der Explosion der Baukosten nicht zuende führen durfte. Die realisierte Dachform hat symmetrische Betonschalen-Paare, die nur an einem Punkt aufliegen, die Schalen stützen sich gegenseitig. Das sieht spekatulär aus – die Akustik soll allerdings nicht wirklich genial sein.
Schon am Eingang stimmen bewegte Bilder, die die Objekte der „fünften Ansicht“ aus der Vogelperspektive zeigen, Besucher ein. Und wer zuhause etwas genauer nachlesen mag, kann ein eigens produziertes Pixie-Büchlein mitnehmen, das anschaulich über acht ausgewählte Konstrukte aus der Ausstellung informiert.