Gelsenkirchen. . Die Berger Anlagen und andere Gewässer im Stadtnorden haben sich zur neuen Heimat auch exotischer Tierarten entwickelt: In den Ferien werden etwa Schnappschildkröten oder andere Reptilien vermehrt dort ausgesetzt.

Rein in den Flieger, ab in die Sonne, Regen und Alltagstrott können getrost zu Hause bleiben – Haustiere oft ebenfalls. Das Problem: Nicht alle Herrchen und Frauchen finden Ersatz-Domizile für Fiffi, Mieze & Co; erst recht nicht, wenn es sich um exotische Arten wie Piranhas, Spinnen oder Schlangen handelt. So manch einer setzt die Tiere dann aus, etwa in die Gewässer in den Parkanlagen von Schloß Berge, die mittlerweile zur neuen Heimat nicht nur von harmlosen weißen Hausenten, sondern auch von nicht ungefährlichen Schnappschildkröten avanciert sind.

„Es ist Mode geworden, sich exotische Tiere zuzulegen und sie dann irgendwo zu entsorgen, wenn sie lästig geworden sind“, berichtet Detlef Fohlmeister, 1. Vorsitzender des Tierschutzvereins, der in Erle das Tierheim betreibt. Nicht immer gelinge es den ausgesetzten Tieren, sich so an die Umgebung anzupassen wie besagte Schnappschildkröten am Berger See. An warme Temperaturen gewöhnte Reptilien und Amphibien gingen in freier Natur zumeist schnell ein – mit Tierschutz habe diese vermeintliche Freiheit dann nichts mehr zu tun.

Sonnenbarsche am Golfplatz-Teich

Für Wasservögel und Fische bedeuten die aggressiven, bis zu 16 kg schweren, bis zu 45 cm großen Schnappschildkröten eine Gefahr, da sie auf deren Speiseplan stehen.

Nicht unproblematisch stellt sich auch der Bestand an ausgesetzten Sonnenbarschen in den Teichen am Golfplatz Haus Leithe dar. „Die Zierfische sind Nahrungskonkurrenten für die heimischen Fische“, so Tierarzt Dr. Hauke Holdefleiss auf Anfrage der WAZ Mediengruppe.

Wie verirrt wirken auch zwei weiße Hausenten in den Berger Anlagen. Eine Bueranerin und eine Frau aus dem Berger Feld kümmern sich seit Monaten um die handzahmen, zutraulichen Vögel und füttern sie täglich mit speziellem Enten- oder Körnerfutter, „weil sie es ja gar nicht gewöhnt sind, sich selbst zu versorgen“.

„Nicht notwendig“ findet dies Tierarzt Dr. Hauke Holdefleiss. „Dass die Hausenten den Winter überlebt haben, deutet darauf hin, dass sie sich angepasst haben und ihr Futter selbst finden können.“ Es sei schädlich für das Gewässer, Vögel oder Fische zu füttern, betont Stefanie Genthe, Sprecherin von Gelsendienste, die für die Pflege der öffentlichen Parkanlagen zuständig sind. „Der Sauerstoffgehalt sinkt durch das Futter, so dass die Fische davon sterben können, zumal im Sommer.“

Nicht nur besagte Schnappschildkröten und Enten tummeln sich in den Berger Anlagen: Immer wieder würden dort auch Hauskaninchen oder Meerschweinchen im Gebüsch ausgesetzt, so Dr. Holdefleiß. „Die meisten sind auf Dauer nicht lebensfähig, überleben den Winter nicht oder werden von Fuchs oder Habicht erbeutet.“

Wege übersät mit Kanadagans-Kot

Zusammenrücken müssen heimische Tiere, zumal die Wasservögel, auch durch das Vordringen der ursprünglich aus Nordamerika stammenden Kanadagans, mit der sie Futter und Nistplätze teilen müssen. „Sie wurde vor 20, 25 Jahren bei uns heimisch“, erklärt Reinhard Jäger, Obmann für Vogelschutz beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV).

So viele Exemplare marschieren derzeit durch die Berger Anlagen, dass Rasenflächen und Wege übersät sind mit Kot – ein Problem, das nur bedingt Jäger lösen können. „In öffentlichen Anlagen zu jagen, erregt zu viel Aufmerksamkeit, zumal viele Tierfreunde sich dagegen wehren. Zugriff haben wir nur in Revieren außerhalb der Parks.“