Gladbeck. . Alle Jahre wieder rückt die Kanadagans ins Visier der Spaziergänger. Und innerhalb weniger Wochen wechselt das Stimmungsbild zu diesem Tier komplett.

Wittringen an einem frühlingshaften, noch recht kalten April-Tag: Die Spaziergänger bewundern die klitzekleinen, frisch geschlüpften Küken auf dem Rundweg am Schlossteich. „Guck mal“, ruft ein Opa seinem Enkelkind zu, als eine vielköpfige Kanadagans-Familie putzig vorbeispaziert.

Wittringen im späten Mai: „Hier können wir ja gar nicht mehr spazieren gehen“, ärgert sich ein Spaziergänger an gleicher Stelle über den mit Gänse-Kot flächendeckend verunreinigten Weg, der zudem fast überall von Kanadagänsen und ihrem jetzt größer gewordenen Nachwuchs blockiert wird. Und schnell lautet dann die Frage: „Ja, kann man denn gar nichts gegen diese Tiere tun?“

„So kann man mit der Natur und ihren Lebewesen nicht umgehen“, sagt dazu Birgit Königs, Sprecherin des Naturschutzbundes (NABU) in NRW. „Man kann diese Tiere im Frühjahr nicht erst bestaunen, und sie wenige Wochen später als lästig und unbequem aus der Landschaft verdammen wollen.“

Ja, insofern spiegelt die Kanadagans vielleicht sogar gesellschaftliche Defizite: Solange etwas schön bequem ist und störungsfrei ins Bild passt, ist alles okay. Wenn’s bei der gleichen Angelegenheit aber mal unangehm wird, wollen wir davon nichts mehr wissen.

NABU: Die Kanadagans ins Naturschutzrecht übernehmen

Birgit Königs kennt sich als NABU-Sprecherin mit der Kanadagans gut aus, denn alle Jahre wieder wird das Thema auch an sie herangetragen - wenn die Kanadagänse sich in den Parks und Grünanlagen (manchmal auch in Freibädern!) niederlassen und ihren zahlreichen Nachwuchs dort spazieren führen, nehmen überall rasend schnell die Beschwerden zu.

Das Füttern der Kanadagänse sollte tunlichst unterlassen werden - hier eine Spaziergängerin am Mittwoch in Wittringen am Schlossteich. Foto: Heinrich Jung / WAZ FotoPool
Das Füttern der Kanadagänse sollte tunlichst unterlassen werden - hier eine Spaziergängerin am Mittwoch in Wittringen am Schlossteich. Foto: Heinrich Jung / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool

Der Naturschutzbund NRW führt in seinem aktuellen Internet-Auftritt aus: Die Kanadagans gehört nach Paragraph 2 Bundesjagdgesetz (BJagdG) wie fast alle Gänse- und Entenarten zu jenen Tieren, die gejagt werden dürfen. Der NABU setzt sich nach eigenen Angaben „aber seit vielen Jahren dafür ein, dass die Kanadagans, wie alle anderen Gänse- und Entenarten, außer der Stockente, aus dem Jagdrecht entlassen und in das Naturschutzrecht übernommen wird“. Nach aktueller Rechtslage in NRW darf die Kanadagans auf den entsprechenden Freiflächen (nicht Siedlungsbereiche) in der Zeit vom 1. November bis 15. Januar gejagt werden.

Explosionsartige Vermehrung hält an

Trotzdem hält die explosionsartige Vermehrung der Tiere, die ursprünglich aus Nordamerika stammen, seit rund einem Jahrzehnt unvermindert an, was auch an den Gladbecker Teichufern deutlich zu bemerken ist. Die Kanadagans hat keine natürlichen Feinde und sie bevorzugt kurz geschnittene Grasflächen, die etwa am Wittringer Schlossteich oder auch am Nordparkteich zahlreich zu finden sind.

Birgit Königs skizziert einen sanften Weg, um die Gänse-Populationen in den Parks einzudämmen - es müssten vermehrt ruhige Ausweichflächen mit kurz geschnittenem Gras geschaffen werden. Dann würden die Tiere auch vermehrt solche ruhigen Rückzugsräume aufsuchen - und die Parks blieben weitgehend frei.

ZBG: Kurz geschnittene Grasflächen gehören zu Wittringen einfach dazu

Bernhard Schregel kümmert sich beim ZBG seit Jahren schon um die Kanadagans und ihr lokales Auftreten. Den Vorschlag, am Schlossteich in Wittringen das Gras einfach länger wachsen zu lassen, hält er für nicht praktikabel. Kurz geschnittene und entsprechend gepflegte Grasflächen, so sagte der ZBG-Mann am Mittwoch zur WAZ, gehörten zu Wittringen einfach dazu.