Gelsenkichen-Ückendorf. 342 Quadratmeter Wohnfläche plus Riesengrundstück: Für 1,36 Millionen Euro wurde eine Gelsenkirchener Villa offeriert. So wird sie präsentiert.
Bei dieser Immobilie darf es ein bisschen mehr sein, auch sprachlich. Da wird gediegen geklotzt im Exposé, natürlich mit gebührender Zurückhaltung. Hier wohnt man nicht einfach, hier wird residiert. „Jeder weiß: Der erste Eindruck zählt. Das insgesamt 5829 Quadratmeter große Anwesen mit seinem parkähnlichen Grundstück eignet sich ideal für Liebhaber des opulenten Residierens“ heißt es in der Beschreibung für dieser besondere Villa in Gelsenkirchen.
342 Quadratmeter Wohnfläche, Baujahr 1984, verteilt auf acht Zimmer und zwei Bäder, viel Marmor, Rundbogenfenster, eine Ankleide mit schier endlosen Einbauschränken, dazu ein imposantes Foyer und drei Garagenstellplätze darf der Interessent erwarten. Unter der Rubrik „Pro & Contra“ führt der Makler „übergroßes Kaufgrundstück“, „ruhige Lage“, „offener Kamin“, „Dachterrasse“ und „private Zufahrt“ unter den Vorzügen als Plus auf. Hinter dem Minus steht schlicht: „keine“.
Kommen wir zum Preis: für 1,36 Millionen Euro wird die Stadtvilla in Ückendorf offeriert. Makler Robert Hundt bot das Objekt an. Über längere Zeit dürfte es wohl die teuerste Immobilie auf einem Maklerportal in Gelsenkirchen sein.
Der Wohnungsmarkt ist auch in Gelsenkirchen in Bewegung
Hundt, seit 1999 im Immobilien-Management-Geschäft und vielseitig aufgestellt, weiß um das Besondere dieses Hauses. Und um die generellen Probleme: „Alles über 500.000 Euro ist in Gelsenkirchen eher schwierig.“ Andererseits registriert er, dass der Markt auch in Gelsenkirchen in Bewegung ist, dass manche Stadtteile bei Preisen und Renditen ordentlich zulegen, Niveau und Stadtimage insgesamt durch neu entwickelte Quartiere hochgezogen werden. „Neubaugebiete wie am Buerschen Waldbogen, in Graf Bismarck oder auch Wohnen am Bachlauf in Hassel haben wir händeringend gebraucht. Das war genau richtig und wird sehr gut angenommen“, sagt Hundt. Die vergleichsweise schnellen Verkaufserfolge sprächen hier für sich.
Neubaugebiete am Buerschen Waldbogen und in Graf Bismarck
Die Parkvilla liegt an der Virchowstraße, ist weiträumig umfriedet und erfordert besondere Präsentation: Ziel sei es generell, „etwas Schönes, auch Emotionen zu verkaufen“, sagt Hundt. Lage, Preis, Bauzustand oder Grundriss und Zimmeraufteilung sind natürlich wesentliche Merkmale für den Erfolg. Doch ein Punkt wird zunehmend wichtiger, bei allen Immobilien, die zum Verkauf stehen: „Die Sprache soll dem Objekt gerecht werden. Aber die Bilder sind ausschlaggebend. Doch 80 Prozent der Interessenten können sich ein leeres Haus nicht eingerichtet vorstellen“, sagt Hundt.
Der Fantasie hilft er seit einigen Jahren mit einer professionellen Home-Stagerin auf die Sprünge, die luftig-leicht Wohnräume und -träume inszeniert. In möglichen Kinderzimmern drapiert sie gerne fröhliche Spiel-Wigwams und dicke Berberteppiche. Da liegen Zeitschriften aufgeblättert auf weißen Couchtischchen vor weißen Sofas, werden Kissen und ein Plaid locker auf einem Sessel drapiert, bevorzugt einem Barcelona-Chair von Mies van der Rohe.
Das Gesamtpaket ist Teil des Verkaufserfolgs
Was optisch gar nicht geht, um Immobilien anzupreisen, sind „Alkoholflaschen, Vereinsembleme, religiöse Zeichen oder Aktbilder an den Wänden“, zählt Hundt auf. Chic und neutral soll der Eindruck sein. Hundt macht die passenden Fotos dazu mit hoher professioneller Qualität. „Das macht mir viel Spaß. Und ich entspanne dabei auch“, sagt er. Die Investition von in der Regel einigen Tausend Euro mache sich meist bezahlt. Und das Gesamtpaket ist Teil des Verkaufserfolgs.
Auf Immobilienplattformen ist der Makler präsent, doch zunehmend setzt er auf andere Kanäle. Um die 1000 Menschen erreicht er über seinen Newsletter, die Facebookseite hat über 3400 Fans. „Ich arbeite sehr stark über Social Media“, sagt Hundt „und sehe mich nicht als Makler, sondern als Werbeagentur für Immobilienverkäufe, Wertermittlung und Broschüren.“
Im Fall der Villa scheint sich kein Einzelerwerber für das Objekt erwärmen zu können. Sie soll jetzt wohl umgebaut werden. In exklusive Einzelwohnungen.
Beitrag für den Wohnreport Deutschland auf Pro 7
Die Ranking-Debatten und Gelsenkirchens Plätze am Ende diverser Ranglisten sind ein Thema, das auch den Immobilienspezialisten beschäftigt. Für den Wohnreport Deutschland des Senders Pro 7 („taff“) hat Hundt im Städtevergleich Hamburg, Berlin, München die Lage in Gelsenkirchen präsentieren dürfen. Kernthese: Hier bekommt der Mieter noch was für sein Geld, beispielsweise in einem Penthouse im Herzen von Buer. „Alle sehen Gelsenkirchen nur von der schlechten Seite“, sagt Hundt. „Aber Leute, wird haben eine tolle Stadt. Doch wir müssen natürlich die Potenziale erkennen und ausbauen.“
Von einem überhitzen Markt ist Gelsenkirchen weit entfernt
Von Steigerungsraten der Metropolen und einem überhitzen Markt ist Gelsenkirchen weit entfernt, anderseits sind auch hier attraktive Immobilien rar. Ralf Robert Hundts Auswertungen der letzten Jahre zeigen, dass zwischen 2007 und 2019 die Durchschnittswerte von Eigentumswohnungen beispielsweise in Resse um 55 und Resser Mark um 42 Prozent gestiegen sind, in Hassel registrierte er ein Plus von 36 Prozent, in Schalke und Schalke-Nord dagegen nur einen Anstieg von lediglich 3,2 und 0,9 Prozent. „Das ist über zwölf Jahre natürlich eine Katastrophe“, stellt Hundt fest. Insgesamt, so der Dipl. Betriebswirt, „hat Buer die besten Preise. Aber nicht die höchsten Steigerungsraten.“
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