Gelsenkirchen-Horst. Leiterin der Horster Märchenbühne in Gelsenkirchen erhält den Bürgerpreis für kulturelles Engagement. Bezirksbürgermeister lobt sozialen Einsatz.
Löwen können nicht nur brüllen, sie können sich auch leise anschleichen. So geräuschlos, dass sie im Dunkeln unsichtbar wirken. Das erlebten genau so gestern die geladenen Gäste bei der Preisverleihung des „Horster Löwen“ im Schloss – obwohl es taghell war: Denn die rund 20 Zentimeter große Auszeichnung aus matt gebürstetem Stahl, sie war nicht auffindbar, als Bezirksbürgermeister Joachim Gill sie an Bärbel Marasus übergeben wollte.
Die Preisträgerin nahm’s mit Humor. Was Wunder, kennt sie sich doch als Mitbegründerin und Leiterin der „Horster Märchenbühne“ bestens aus mit wilden Tieren, Fabelwesen und Zauberei. Ihre Geduld wurde am Ende belohnt: Als Stifter Randolf Rimböck mit kleiner Verspätung samt Auszeichnung eintraf, konnte die 65-Jährige fürs Pressefoto ihren Löwen in die Kamera halten.
Bärbel Marasus als „Motor und Macherin“ der Märchenbühne gewürdigt
Überdies hatten sich die Teilnehmer der Veranstaltung im Erkerzimmer ohne Ablenkung durch die Figur auf die Laudatio des Bezirksbürgermeisters konzentrieren können, der Bärbel Marasus als „Motor und Macherin“ der Märchenbühne würdigte. Diese hatte ihren Ursprung vor 35 Jahren im Kindergarten St. Hippolytus, wo die junge Mutter Marasus mit anderen Eltern ein Stück aufführte – und so viel Spaß daran entwickelte, dass die Truppe weiterspielte und sich den Namen „Horster Märchenbühne“ gab.
„Im Keller des nicht mehr existierenden Kolpinghauses wurde geprobt, im Saal dann erstmals das Stück ,Peterchens Mondfahrt’ aufgeführt. Die Kostüme kamen teilweise aus dem Fundus des Musiktheaters“, erinnerte Gill und lobte „die soziale Ader“ der Akteure, die schon immer Überschüsse der Inszenierungen einem karitativen Zweck spendeten.
Marasus: „Märchenbühne ist ein Gemeinschaftswerk“
Mittlerweile sind die Aufführungen in der Gladbecker Erich-Kästner-Realschule für Generationen von Familien nicht mehr aus der Adventszeit wegzudenken. 15 verschiedene Stücke brachten die jährlich 50 bis 60 Akteure vor und hinter den Kulissen auf die Bühne – immer mit Bärbel Marasus als bearbeitender Autorin und Regisseurin. Als Auszeichnung nur für sich selbst sieht sie den „Horster Löwen“ jedoch nicht. „Die Märchenbühne ist ein Gemeinschaftswerk, bei dem die mittlerweile dritte Generation aktiv ist. Wir sind wie eine große Familie, in der jeder wichtig ist“, betonte sie, als sie sich gerührt für den Preis bedankte und dabei ausdrücklich ihre Familie einschloss. „Sie hat mir immer den Rücken frei gehalten und mich unterstützt.“
Erst auf Nachfrage räumt die gelernte Bürokauffrau ein, dass die Vorbereitung der Inszenierungen ihr gesamtes Jahr prägt. „Nur im Januar nehme ich mir frei und mache Pause. Dann überlege ich aber schon im Februar, welches Stück wir im Advent spielen und beginne mit dem Umschreiben. Nach Ostern starten dann die Proben.“
Erstmals steht die Leiterin in diesem Jahr nicht selbst auf der Bühne
In diesem Jahr steht sie erstmals nicht selbst auf der Bühne, wenn „Schneewittchen“ der bösen Stiefmutter zu entkommen sucht – Neuland für die 65-Jährige. „Ich wollte mit gutem Beispiel vorangehen und jüngeren Spielern den Vortritt lassen. Es passt doch nicht, wenn Ältere die Rollen von Jüngeren übernehmen“, erklärte die Mimin, die schon unzählige böse Figuren spielte – von Rumpelstilzchen über die Hexe Malefiz in „Dornröschen“ und die hinterhältige Schlange Kaa im „Dschungelbuch“ bis hin zur blutrünstigen Hyäne in „Der König der Löwen“.
Den Regiestuhl mag sie allerdings so schnell nicht räumen. Sie liebt es, Mimen auszuwählen und sie bei den Proben zu Höchstleistungen anzuspornen. „Dabei braucht sie gar nicht laut zu werden. Ein Blick von ihr reicht aus“, erzählte Gill augenzwinkernd, und Bärbel Marasus fügte später hinzu: „Wenn ich sehe, dass anfänglich schüchterne Personen an Selbstbewusstsein gewinnen und in ihrer Rolle aufgehen, dann haben sich die Mühen gelohnt.“