Gelsenkirchen-Buer. Von Maden bis zu Kaltplasma: Beim WAZ-Medizinforum im Gelsenkirchener Bergmannsheil ging es um die Behandlung des diabetischen Fußsyndroms.
So schlimm, wie sie ist, klingt die Erkrankung beim ersten Hören gar nicht: Zuckerfüße. Das diabetische Fußsyndrom aber bedeutet für Betroffene einen langen Leidensweg – mit unsicherem Ausgang. War einstmals eine Amputation oft der letzte Ausweg, können moderne Behandlungstechniken diese heute vielfach verhindern. Das zeigten vier Ärzte beim WAZ-Medizinforum am Mittwoch im Bergmannsheil auf.
„Achten sie auf ihre Füße“
Den wichtigsten Satz des Abends, und zwar für alle Menschen, steuerte Dr. Arnold Greitemeier bei: „Achten sie auf ihre Füße“. Regelmäßig, am besten täglich, solle man sich die anschauen, auch auf kleinste Veränderungen achten.
Probleme nämlich entstünden schnell und zum Teil aus Lappalien. Druckstellen von Schuhen könnten sich entzünden und für Probleme sorgen, unbeachtete Wunden erst recht. Ein Bewusstsein zu entwickeln für die eigene Fußgesundheit, das sei einfach wichtig.
„Das diabetische Fußsyndrom steht häufig am Ende einer Kette von Komplikationen“, erläuterte Dr. Arnold Greitemeier, niedergelassener Diabetologe, bei seinem Eröffnungsvortrag. Mit einfachen Worte erklärte er zunächst, was im Falle einer Diabetes überhaupt geschieht: „Es ist eine Vergiftung des gesamten Körpers durch Zucker. Der wird nicht abgebaut und Stoffwechselprozesse laufen anders, als sie es sollten.“ Im Verlauf komme es zu Nervenschäden, zunächst der besonders dünnen und besonders langen Nerven.
Experten klären im Bergmannsheil auf
Und schon ist man beim Fuß. Die Beeinträchtigungen reichen vom „Ameisenlaufen“ über Missempfindungen bis zur Schwächung der Muskulatur und fehlendem Schwitzen. Die Überraschung: „Wenn jemand Fußschweiß hat, ist das ein gutes Zeichen. Der trockene Fuß reißt schneller und ist sehr gefährdet.“ Kurz stellte der Mediziner die einfachsten Werkzeuge vor, mit denen er schnell und schmerzlos Patienten testen kann. Wichtig sei aber auch die Eigendiagnose. „Die tägliche Fußbeobachtung durch einen selbst oder ein Familienmitglied ist wichtig.“
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Säuberung der Wunden durch Ultraschall
Auf welche Weise schlecht heilende Wunden an den Füßen behandelt werden können, darüber informierte Dr. Anita Ide, Fachärztin für Chirurgie und Viszeralchirurgie und Wundmanagerin im Bergmannsheil, die Gäste. Individuell plane sie einen Mix aus Behandlungstechniken, zum Teil althergebrachte Verfahren wie das Ansetzen medizinisch gezüchteter Maden, welche totes Gewebe wegfressen, zum Teil hochmoderne Techniken wie die Säuberung der Wunden durch Ultraschall oder Kaltplasma.
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Herausragend ist an dieser Stelle die hyperbare Sauerstoffstherapie in der Druckkammer, die an nur wenigen Standorten im Lande überhaupt angeboten wird. Jene stellte Druckkammerarzt Christian Möllenbeck vor und erklärte, man könne sich gut vorstellen, man unternehme als Patient eine Tauchfahrt. Die geänderten Druckverhältnisse erlauben dem Körper eine höhere Sauerstoffaufnahme und somit vielfach eine bessere Verbreitung des Stoffes im Körper. Auf den Punkt gebracht: „Bei uns atmen sie nicht nur 100 Prozent Sauerstoff sondern 240 Prozent.“ Mit ganz beachtlichen Heilungserfolgen, wie die Mediziner in Fallbeispielen verdeutlichten. Allerdings, man brauche einen langen Atem. Gute Ergebnisse ließen sich nur nach monatelanger Behandlung erzielen.
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Fallbeispiele von Teilamputationen
Am Ende aber gebe es Fälle, da müsse man eine Teilamputation durchführen, in einigen wenigen auch den ganzen Fuß entfernen. Zumindest ersteren Operationen konnte Dr. Manuel Nastai, zertifizierter Fußchirurg, etwas von ihrem Schrecken nehmen. In Fallbeispielen zeigte er auf, wie gut die Ergebnisse nach einer Amputation einer Zehe oder eines Teils des Fußes waren, wie die Funktion durch solche Eingriffe gar wieder hergestellt werden kann. Die goldene Regel nämlich sei immer: „Wenn wir amputieren müssen, versuchen wir, so viel wie möglich vom Fuß zu erhalten.“