Gelsenkirchen-Buer/Westerholt. . Vor 150 Jahren gründeten 25 Landwirte in Westerholt den Kreisbauernverein Recklinghausen, um ihre Höfe zu sichern.
Hier die Industrialisierung mit ihrem Bedarf an Grund und Boden sowie Arbeitskräften, dort die oft unseriösen Geldverleiher, deren Wucher so manchen unerfahrenen Bauern zum Verkauf zwang: Landwirte hatten es, Bauernbefreiung hin oder her, auch in Buer und Westerholt in der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht leicht.
Nicht nur der Kirchhellener Landwirt Johann Breuker befand: „Buer et ist Tied“ (Bauer, es ist Zeit), dass sich die Produzenten vor Ort organisierten – und initiierte am 19. November 1868 die Gründung des Kreisbauernvereins Recklinghausen in Westerholt.
Gründung mit 25 Mitgliedern
25 Gründungsmitglieder kamen um 10 Uhr bei Galand zusammen, darunter drei Landwirte aus Buer, zwei aus Scholven, einer aus Resse, je einer aus Dorsten und Polsum, die übrigen aus Kirchhellen und Gladbeck. „Hauptanliegen war es, allen Bauern in der Nähe des Industriegebietes bei ihrem Kampf um den Bestand der Höfe zur Seite zu stehen“, so Katrin Bielefeld, Sprecherin des Landwirtschaftlichen Kreisverbands Recklinghausen, dessen Vorläufer der Kreisbauernverein war.
Unter dem Vorsitz von Breuker begann der Verein bereits 1870, die finanzielle Lage auf den Höfen durch Selbsthilfeaktionen zu verbessern: So wurden mit Versicherungen Sammelverträge abgeschlossen; durch gemeinsamen Einkauf von Waren und Saatgut gelang es den organisierten Bauern, ihre Betriebskosten zu senken. Und: Der Verein versuchte, Geldgeschäfte unter den Mitgliedern zu vermitteln, um sie so vor Wucherzinsen und Benachteiligung zu schützen.
Buer zählt heute 47 landwirtschaftliche Betriebe
Zudem setzte Breuker auf Information: Er gründete 1870 die Vereinszeitschrift „Westfälischer Bauer“, deren Redaktion er bis 1883 führte und die ein Vorläufer des Landwirtschaftlichen Wochenblatts war.
Heute zählt der Kreisverband 1195 Mitglieder im Kreis Recklinghausen sowie den kreisfreien Städten Bottrop und Gelsenkirchen. Dem Landwirtschaftlichen Lokalverein Buer gehören 47 Betriebe an (inklusive Pensionspferde-Betrieben), so der Vorsitzende Hubertus Hölscher. „Aber nicht alle Landwirte sind im Verein organisiert.“
Kampf um die Flächen
Heute vertritt der Kreisverband vor allem die Interessen der Landwirte gegenüber der Politik und der Industrie – denn wenn es um Flächen geht, agieren Landwirtschaft und Industrie im nördlichen Ruhrgebiet als Konkurrenten, so Geschäftsführer Wolfgang König. So gehen landwirtschaftliche Flächen für den Bau von Straßen und Wohnsiedlungen verloren, aber auch durch Aufforstungen im Zuge von Ausgleichsmaßnahmen nach Eingriffen in die Natur. „In der Tat ist es so, dass es für uns immer schwieriger wird, noch an freie Flächen zur Bewirtschaftung zu kommen“, kritisiert Hölscher, dass er für das Wohnprojekt Buerscher Waldbogen 6,5 Hektar von der Stadt gepachtetes Land nicht mehr nutzen kann – dafür aber nur 1,3 Hektar in Scholven erhalten habe.
„Insgesamt ist die Stimmung unter den Landwirten mehr schlecht als recht. Es ist nach wie vor ein Unding, dass der Einzelhandel die Preise diktiert und nicht wir als Produzenten. Überdies macht die Politik immer neue Vorgaben. Die Umsetzung ist aber nun mal nicht zum Nulltarif zu haben.“