Gelsenkirchen-Resse. . Zur Abkühlung werden die Schweine auf dem Lindenhof in Gelsenkirchen-Resse geduscht. Die Ernte wurde eingestellt, um Tiere versorgen zu können.

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung. Zumindest für die 13 Säue auf dem Lindenhof in Resse. Statt Futter erwarten die Bentheimer Weidenschweine in diesen Tagen eine kühle Dusche. Ihren schattigen Unterstand verlassen sie nur unter Protest. Die zwölf Hinterwalder Rinder dösen den ganzen Tag auf der Weide. Während der Sonnenstunden bewegen sie nicht mehr als ihren Kopf. „Wir verzweifeln so langsam“, sagt Lindenhof-Besitzer Martin Schulze-Schleithoff. „Statt uns um die Ernte zu kümmern, beschäftigen wir uns mit der Versorgung der Tiere.“

Kein Getreide und keinen Mais angebaut

Die Ernte haben sie in diesen Tagen auf dem Lindenhof in Resse, wo die Familie Schulze-Schleithoff mit inzwischen 160 Mitgliedern seit 2016 eine Solawi betreibt, sozusagen eingestellt. „Das Grünfutter wächst nicht mehr nach“, so Schulze-Schleithoff. Momentan knabbern die Schweine, Rinder und Scharfe bereits an den Wintervorräten. War die erste Heuernte des Jahres noch gut, so fiel die zweite bereits schlecht und die dritte komplett aus. „Zum Glück haben wir außer ein bisschen Dinkel kein Getreide und keinen Mais angebaut“.

„Kraut-Funding“ auf dem Lindenhof

Solawi (solidarische Landwirtschaft) heißt das Konzept, bei dem Gemüse und Gemeinschaft gleichermaßen wachsen sollen – oft beworben mit dem Wortspiel „Kraut-Funding“. Man kann aber auch einfach Genossenschaft sagen.

160 Menschen haben Stefanie und Martin Schleithoff von ihrer Idee begeistert. Seit 2016 funktioniert das Projekt auf dem 12,5 Hektar großen Lindenhof.

Letzteres gehört ja auch nicht zum Programm einer solidarischen Landwirtschaft, wo im Prinzip Gemüse und Gemeinschaft wachsen sollen. Doch auch mit dem vitaminreichen Pflanzen und Knollen wird es schwierig. „Die Kartoffelpflanzen verbrennen auf den Feldern“, so Martin Schulze-Schleithoff. Wenn er vorne auf dem Feld anfängt zu wässern, sei der Boden bereits wieder trocken, sobald er das Ende erreicht hat. Den Winterkohl kriegt der Landwirt erst gar nicht in den Boden.

Lotuseffekt beim Rosenkohl

Hoffnung auf eine schnelle klimatische Besserung hat er nicht. „Am Siebenschläfer am 27. Juni war es bullenheiß“, erinnert er an eine alte Bauernregel, wonach es nach diesem Stichtag sieben Wochen wettermäßig gleich bleiben soll. „Da haben wir erst die Hälfte geschafft.“

Bei allen negativen Folgen der Hitze findet Martin Schulze-Schleithoff aber immer wieder auch faszinierende Naturphänomene. Den Rosenkohl hat er bereits vor einigen Wochen gesetzt. Die späteren kleinen Köpfe entwickeln zurzeit riesige Blätter. „In den Blattachsen sammelt sich in der Nacht das Wasser. Das perlt, dem Lotuseffekt gleich, in der Dämmerung Richtung Wurzel.“ Morgens um sieben ist die Welt halt noch in Ordnung.