Kirchhellen.. . Vor 150 Jahren war der Kirchhellener Sozialreformer Mitgründer des Bauernvereins. Es war der zweite in Deutschland. Im November wird gefeiert

Zum zweiten Mal in einem Jahr erinnert ein Verein an Leben und Wirken des Kirchhellener Sozialreformers Johann Breuker. Im Herbst 2017 hatte der Verein für Orts- und Heimatkunde Breukers 200. Geburtstag zum Anlass für eine Ausstellung im Heimathaus genommen. Jetzt zieht der Landwirtschaftliche Kreisverband Recklinghausen den Hut vor seinem Mitgründer Breuker aus Anlass seines 150-jährigen Bestehens. Im November wird es unter Vorsitze von Friedrich Steinmann im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen gefeiert.

Das Breukerhaus am Börster Weg in Recklinghausen ist bis heute der Sitz des Landwrtschaftlichen Kreisverbands.
Das Breukerhaus am Börster Weg in Recklinghausen ist bis heute der Sitz des Landwrtschaftlichen Kreisverbands. © Felix zur Nieden

Am 19. November 1868 wurde in Westerholt der „Kreisbauernvereins Recklinghausen“ gegründet. Damit war auf Initiative von Johann Breuker im Vest Recklinghausen ein „Bauernverein“ ins Leben gerufen, der allen Bauern in der Nähe des Industriegebietes bei ihrem Kampf um den Bestand der Höfe zur Seite stehen sollte. Der landwirtschaftliche Kreisverband Recklinghausen ist der zweitälteste Bauernverband Deutschlands.

Kötter aus Hardinghausen

Johann Breuker (1817 bis 1885) war ein Kötter aus Hardinghausen, der sich für das Existenzrecht der freien Bauern einsetzte und damit gegen die Preußische Landreform, die die Bauern zwar frei, aber arm gemacht hatte. Für Preußen war die Reform ein gutes Geschäft: Die landwirtschaftliche Fläche verdoppelte sich fast von 1807 bis 1848. Mit ihnen wuchsen die preußischen Rittergüter, auch auf Kosten der Allmende, der landwirtschaftliche Fläche eines Dorfes, die alle nutzen konnten.

© Friedhelm Wessel

Folge: Immer mehr Kleinbauern mussten ihr Land an Großgrundbesitzer verkaufen und sich selbst als Landarbeiter ernähren. Das ist der Hintergrund von Breukers Kernforderung: „Bauer muss Bauer bleiben.“

Mit diesem Ziel gründete er 1868 den Kreisbauernverein, dessen Nachfolger heute 1112 Betriebe im Vest angehören. Diese Überzeugung vertrat er ab 1870 mit seiner Zeitung „Westfälischer Bauer“. Und der Existenzsicherung der Bauern diente auch der Kirchhellener Spar- und Darlehenskassenverein, zu dessen Gründung er maßgeblich beigetragen hatte. Für seine Überzeugung ging Breuker sogar ins Gefängnis: Dreimal war er zwischen 1872 und 1875 wegen „Störung des öffentlichen Friedens“ angeklagt.

Nicht zuletzt diese Inhaftierungen belasteten die schwierige Beziehung zwischen Breuker und dem westfälischen Adligen Burghard Freiherr von Schorlemer-Alst. Schorlemer und Breuker waren seit 1868 Mitstreiter für die Rechte der Bauern. Schorlemer gründete 1871 den Bauernverein für ganz Westfalen, Breuker wurde Vizepräsident. 1883 kam es zum Bruch zwischen den beiden Bauernverbands-Funktionären, als Schorlemer Breukers Zeitschrift als Sprachrohr „seines“ Verbandes beanspruchte. Überliefert ist Breuker verbitterter Ausruf: „Wo waren die Herren, als ich im Gefängnis saß?“ Als Breuker zwei Jahre später starb, würdigte ihn das „Dorstener Wochenblatt“ als „eigentlicher Gründer des ersten Westfälischen Bauernvereins“. Schorlemers Nachruf dagegen fiel so dürftig aus, dass er als Affront verstanden wurde.