Essen-Südviertel. . Rund um den Isenbergplatz herrscht zur Weltmeisterschaft traditionell Ausnahmezustand. Für die Wirte eine gute Gelegenheit, neue Gäste zu gewinnen – die WM allein bringe wirtschaftlich weniger, als mancher vielleicht denkt.

Die hinteren Plätze im Café Click am Isenbergplatz sind gut für Nervenschwache. Fällt ein Tor, brandet die Jubelwelle aus den beiden benachbarten Kneipen Goldbar und DePrins schon einige Sekunden zuvor herüber, eine andere Übertragungstechnik ist die Ursache. So kann man sich prima bereit machen zum Jubeln – oder Trauern. Viel häufiger hört man an diesem Abend ein enttäuschtes Stöhnen im Kollektiv, nicht selten gefolgt von Kraftausdrücken.

Die Gewinner dieser Weltmeisterschaft sind schon jetzt die Gastronomen. Ob kleiner Kiosk, gehobenes Restaurant oder Pommesbude: Überall flackert Fußball über den Bildschirm. Auch am Isenbergplatz, einer der Wiege des Public Viewings in Essen, haben die Kneipen aufgerüstet: Dikme Gönül, die seit zehn Jahren das Café Click betreibt, hat eigens einen Beamer angeschafft für die Spiele. Sitzplätze sind schon eine Stunde vor Spielbeginn vergriffen, „es wird immer mehr, wenn ich das mit den vergangenen Weltmeisterschaften vergleiche“, hat Gönül beobachtet. „Ein schöner Nebeneffekt ist, dass neben dem Stammpublikum auch viele neue Gäste kommen und mitfeiern. Es ist alles auf den Kopf gestellt, die Regeln außer Kraft gesetzt“, sagt Gönül.

Wunschfinale: Deutschland gegen Holland

Auch Nachbar Sven Dülfer von der holländischen Szenekneipe De Prins setzt in erster Linie auf den Nachhall-Effekt. „Durch die WM lernen viele neue Gäste den Laden kennen, am Mittwoch haben uns die Holländer die Bude eingerannt“, sagt Dülfer, der sich selbst Holland gegen Deutschland im Finale wünschen würde.

Rein wirtschaftlich sei es aber nicht so, dass die Wirte zur WM „das Geld mit Schubkarren“ aus ihren Kneipen fahren. Bei den Spielen mit deutscher Beteiligung würde das Personal verdoppelt, hinzu kämen Kosten für die Sondergenehmigung beim Ordnungsamt. „Grundsätzlich ist es einfach ein schönes Fußballfest. Das ist, was zählt“, sagt Dülfer.

Patrick Sokoll, Chef der gegenüberliegenden Goldbar, die das „Bermuda-Dreieck“ am Isenbergplatz komplettiert, freut sich in erster Linie über das „Viertelfest“, das das Südviertel seit dem Eröffnungsspiel vor seiner Haustür feiert. „An den Tagen vor und nach den Spielen mit deutscher Beteiligung ist es allerdings deutlich ruhiger als sonst“, hat Sokoll beobachtet.

Merklich entspannter ging es nach dem Spiel auch auf der Rü zu: Die Polizei hatte zwar vorsorglich ein Stück der Rüttenscheider Straße sowie die Kreuzung Martinstraße abgesperrt. Angesichts des Unentschiedens der deutschen Elf in Brasilien fiel die Party aber nicht ganz so laut aus, wie noch zu Beginn der Woche. „Die Menschen haben friedlich gefeiert, es gab keine Zwischenfälle“, berichtete die Polizei.