Essen-Holsterhausen. Seit drei Jahrzehnten engagieren sich die Mitglieder der Elterninitiative um Peter Hennig für Familien in Ausnahmesituationen. Ein drittes „Zuhause auf Zeit“ ist in Planung. Für den Umbau fehlt allerdings noch Geld.
Seit 30 Jahren kümmert sich die Essener Elterninitiative zur Unterstützung krebskranker Kinder um Familien, die nach der Schockdiagnose ihr Leben neu ordnen müssen. Seit 1986 engagiert sich der Vorstandsvorsitzende Peter Hennig für den Verein. In Kontakt mit der Elterninitiative kam der heute 62-Jährige aus eigener Betroffenheit. Sein Sohn erkrankte an Krebs, starb 1984. „Eigentlich war ich zuerst nur Vater eines kranken Kindes, der Hilfe bekam. Später wollte ich etwas von der Unterstützung, die ich erfahren hatte, zurückgeben. Dass es eine so lange Zeit werden würde, war nicht abzusehen“, blickt er zurück.
Ohne Menschen wie Peter Hennig, der neben seinem Job bei der Deutschen Telekom viel Zeit und Kraft ins Ehrenamt investiert, wäre die Arbeit des Vereins nicht möglich. 1983, etwa zu der Zeit, als Prof. Werner Havers die Kinderkrebsstation im Klinikum aufbaute, hatten sich sieben betroffene Mütter und Väter zusammengeschlossen, um einerseits den erkrankten Kindern den Aufenthalt auf der Station so angenehm wie möglich zu machen, andererseits Ansprechpartner für die Eltern in der neuen, schwierigen Situation zu sein.
Spenden erwünscht
Müttern und Vätern, die ihrem Kind während der Behandlung möglichst nah sein möchten, stehen inzwischen zwei Elternhäuser des Vereins an der Kaulbachstraße zur Übernachtung zur Verfügung. Ein drittes Haus gleich nebenan an der Ecke Kaulbach-/Steinhausenstraße hat die Elterninitiative bereits vor einem Jahr gekauft. „Mit dem Umbau warten wir, bis wir das Geld zusammen haben“, sagt Hennig. Er rechnet mit Renovierungskosten von rund einer Million Euro. Derzeit stünden 300.000 bis 400.000 Euro zur Verfügung. „Wenn jeder Essener nur einen Euro spenden würde, wäre uns geholfen“, hofft Hennig auf Unterstützung der Bürger.
Erstes Elternhaus wurde 1992 eingeweiht
Die Familien, die ihre krebskranken Kinder begleiten, kommen aus ganz Deutschland, oft auch aus dem Ausland, vorwiegend aus Osteuropa. So stellte sich früh die Frage nach Übernachtungsmöglichkeiten. Anfangs organisierten die Ehrenamtlichen Gästebetten in der Klinik. 1986 richtete der Verein eine Drei-Zimmer-Gästewohnung an der Raffaelstraße ein. Der Bedarf war so groß, dass man schnell nach Alternativen suchte. „Damals gab es in anderen Städten schon Elternhäuser. Da bin ich einfach mal herumgefahren und habe mir ein paar angesehen“, erinnert sich der Vorsitzende Peter Hennig.
Als dann ein Mietshaus an der Kaulbachstraße 10 zum Verkauf stand, griff der Verein zu. „Wichtig war uns aber, über die finanzielle Belastung nicht den Blick auf die Kinder und Eltern zu verlieren“, sagt Hennig. Die Mieter sollten ausziehen - was bei den Betroffenen nicht gerade Begeisterung auslöste, auch wenn man die Pläne des Vereins befürwortete.
Nach und nach wurde das Haus leergezogen, parallel liefen Planungen für den Umbau. Im Dezember 1992 eröffnete die Initiative das erste Elternhaus. Zehn Jahre später folgte das zweite direkt nebenan an der Kaulbachstraße 8. Damit stieg die Zahl der Übernachtungsmöglichkeiten von 17 auf 32. Hennig: „Die Menschen leben hier in einem Zuhause auf Zeit für Tage, Wochen oder auch viele Monate. Sie teilen sich Gemeinschaftsräume, organisieren ihren Alltag selbst, kochen, waschen und gehen einkaufen.“
Das neue Haus soll mehr Komfort, zum Beispiel in Form von Nasszellen, bieten. Das sei vor allem für die Eltern wichtig, deren Kinder für Bestrahlungen oder Knochenmarktransplantationen länger behandelt werden müssten. „Da später im neuen Westdeutschen Protonen-Therapiezentrum auch Kinder behandelt werden, wird die Zahl der Patienten in Essen weiter steigen“, erläutert Hennig.
Die Ehrenamtlichen haben sich keine leichte Aufgabe gestellt. Täglich sind sie mit Schicksalen konfrontiert, erleben Ängste und Schmerz der Betroffenen hautnah. „Wenn ein Kind an Krebs erkrankt, ist die ganze Familie betroffen, muss ihr Leben neu einrichten“, so Hennig. Täglich stellten sich neue Fragen: Wie bringe ich es den Verwandten bei? Soll mein Kind weiter zur Schule oder in den Kindergarten gehen? Welche finanziellen Belastungen kommen auf die Familie zu? Wie gehe ich mit Krankenkasse und Versorgungsamt um? „Wir versuchen mit praktischen Tipps zu helfen“, sagt Hennig.
In Deutschland erkranken jährlich 1600 Kinder neu an Krebs, etwa 130 davon kommen zur Behandlung nach Essen. „Wir haben etwa 11.000 bis 12.000 Übernachtungen im Jahr“, erklärt Peter Hennig. Pro Nacht und Familie kostet die Unterkunft 20 Euro. Bei Eltern, die krankenversichert sind - in Deutschland die Regel - übernehmen das die Krankenkassen als Kann-Leistung. Notwendig ist nur eine Bescheinigung des Arztes, dass die Anwesenheit der Eltern für den Heilungsprozess erforderlich ist. „Bei Menschen ohne Krankenversicherung, zum Beispiel aus Osteuropa, sprechen wir mit den Eltern, was sie zahlen können. Von null bis 20 Euro ist da alles möglich. Manchmal beteiligen wir uns auch am Lebensunterhalt oder helfen, den Flug zur nächsten Behandlung zu finanzieren.“