Boston.. Eine Chemotherapie ist häufig die letzte Chance für Krebspatienten. Forscher haben nun herausgefunden, dass die Therapie einen Helfer hat: Das körpereigene Immunsystem. Die Erkenntnisse könnten der Grundstein für neue Formen der Krebstherapie sein.

Die Wirkstoffe einer Chemotherapie gegen Krebs haben Helfer. Die Hauptarbeit im Kampf gegen den Tumor leistet nämlich das körpereigene Immunsystem. Über diese überraschende Entdeckung berichtet ein internationales Forscherteam im Fachjournal "Immunity".

Bislang hatten Mediziner angenommen, dass eine Chemotherapie ähnlich wirkt wie ein Antibiotikum und direkt die schädlichen Zellen zerstört. Die Mediziner um Guido Kroemer vom Nationalen Institut für Gesundheit und Medizinforschung im französischen Villejuif haben nun einen anderen Mechanismus beobachtet. Tatsächlich mobilisiert eine wirksame Chemotherapie die Immunzellen für den Kampf gegen das Tumorgewebe.

Zerstörte Krebszellen rufen das Immunsystem auf den Plan

Die Forscher stellten fest, dass Tumorzellen sogenannte ATP-Moleküle freisetzen, wenn sie von den Wirkstoffen der Chemotherapie zerstört werden. Das ATP fungiert dann als Signalgeber und steuert Zellen des Immunsystems an den Ort des Tumors. Dort verschlingen die Immunzellen Proteine der Tumorzellen und präsentieren deren Struktur an ihrer Oberfläche. Das wiederum signalisiert weiteren Zellen des Immunsystems, dass ein Eindringling vorhanden ist und wie dieser aussieht.

Um ihre Beobachtung zu untermauern, schaltete das Team um Kroemer in Mäusen den Typ von Immunzellen aus, der die Tumorproteine aufnimmt und deren Struktur präsentiert. Daraufhin konnte das Tumorwachstum in den Tieren nicht mehr durch die Chemotherapie begrenzt werden. Injizierten die Forscher die besagten Zellen des Immunsystems in andere Mäuse, wehrte deren Immunsystem anschließend injizierte Krebszellen erfolgreich ab.

Hinweise für neue Behandlungsmöglichkeiten gegen Krebs

"Erfolgreiche Chemotherapeutika verwandeln den Tumor in einen therapeutischen Impfstoff", beschreibt Kroemer. Dadurch werde das Immunsystem des Erkrankten gegen den Krebs mobilisiert. Diese Entdeckung weist den Forschern zufolge auf neue Strategien hin, um die Krebsbehandlung zu verbessern. So könnten Krebs- und Immuntherapien kombiniert werden, um das Immunsystem optimal zu unterstützen.

Die Mediziner schlagen vor, dass beispielsweise die ATP-Menge außerhalb der Zellen gesteigert werden könnte. "Das Ziel dabei wäre, die von der Chemotherapie ausgelöste Immunreaktion zu verstärken", erläutert Kroemer. Messungen der Immunaktivität im Bereich des Tumors könnten zudem dazu beitragen, vorherzusagen, wie erfolgreich eine Chemotherapie anschlagen wird, vermuten Kroemer und seine Kollegen.