Essen-Bergerhausen. Der Elektro-Ingenieur Bernd Burchhardt wollte die Metzgerei seines Vaters eigentlich gar nicht übernehmen. Unter der Voraussetzung der Umstellung auf Bio ließ er sich schließlich doch breit schlagen. Neben dem Fleisch kümmert er sich jetzt auch wieder um Strom - den er mit 20 Photovoltaik-Anlagen produziert.
Morgens um 8 Uhr haben Patrick Krings und Daniela Enzinger die ersten 160 Kilo Leberwurst bereits verwurstet und gekocht. Zeit fürs Frühstück. Es versteht sich von selbst, dass den beiden nur Bio-Wurst aufs Bio-Brötchen kommt.
Als Bernd Burchhardt die Produktion der Fleischerei auf dem Hinterhof an der Rellinghauser Straße 1998 auf Bio umstellte, musste sich auch Patrick Krings umgewöhnen. „Gerade bei der Leberwurst haben wir lange probiert, wie wir sie ohne Emulgatoren und andere Zusatzstoffe streichfest hinbekommen“, sagt der Fleischer. Um 4.30 Uhr startete seine Schicht an diesem kalten Dezember-Morgen, der Vorweihnachtszeit sei Dank. 50 Gänse wurden vorbestellt und auch 60 Puten werden pünktlich zum Weihnachtsfest vom Niederrhein auf die Esstische von Burchhardts Kunden geliefert.
Bis zu diesen Erfolgszahlen war es ein weiter Weg für den studierten Elektro-Ingenieur, der ursprünglich nie den Betrieb seines Vaters Günther hatte übernehmen wollen. Doch es kam anders. „Bio war für mich die Bedingung. Damals haben mich alle für verrückt erklärt“, erinnert sich Bernd Burchhardt. Aus gutem Grund: Etwa 80 Prozent der Stammkundschaft seines Vaters war nicht bereit, den teils doppelt so hohen Preis zu zahlen und wendete sich ab. Bauernhof-Fahrten, Tage der offenen Tür, Flyer, Aufklärung: Burchhardt gab nicht auf.
1999 gab es den ersten BSE-Fall
„Dann wurde Ende 1999 der erste BSE-Fall gemeldet. Danach ging es hier zu wie im Krieg, hat mein Vater gesagt“, erinnert sich Burchhardt. Teilweise musste er mit seinem Team durcharbeiten, um dem Kunden-Ansturm gerecht zu werden. Denn in den Rindern vom Niederrhein sind keine britischen Rassen eingekreuzt, das schreiben die bereits 1988 von Egidius Thönes und dem gleichnamigen Naturverbund verfassten Richtlinien für die Erzeugung und Verarbeitung von Rind- und Schweinefleisch vor. „Damals hat niemand mehr nach dem Preis gefragt“, sagt Burchhardt, der bis heute zu den Profiteuren der Lebensmittelskandale gehört. Darüber hinaus habe sich aber auch das Bewusstsein für Lebensmittel geändert, ist der 43-Jährige überzeugt: „Heute achten die Menschen mehr auf das, was sie essen. Die Tendenz geht zurück zur Natur.“
20 Photovoltaik-Anlagen
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Da ist es nur konsequent, dass Burchhardt nun wieder auf seine ursprüngliche Berufung, die Elektrotechnik, setzt. Im gesamten Stadtgebiet produziert er mit mehr als 20 Photovoltaik-Anlagen Strom, unter anderem auf dem Dach der Maria-Wächtler-Schule und auf dem Bürgerhaus Oststadt. Klar, dass ohne Ökostrom auch keine Leberwurst gekocht werden kann. Auf dem Dach der Hinterhof-Metzgerei wurden ebenfalls Solarzellen angebracht. Bio bis in die Haarspitzen quasi.
Der Fleischerbetrieb an der Rellinghauser Straße hat eine lange Tradition. So zeugen mittlerweile leicht verblichene Pläne im Büro von Bernd Burchhardt bis heute von den Stallungen, die hier um 1900 gestanden haben. „Ich vermute, dass hier früher eine reine Pferdemetzgerei war. Neben dem Stall war direkt der Schlachtraum, daneben die kleine Wurstküche“, sagt Burchhardt. Von dem Hinterhof ist heute nicht mehr allzu viel zu sehen. „Wir mussten erweitern. So entstand etwa ein Büro und ein Kühlhaus. Der Platz ist hier leider begrenzt“, so Burchhardt, der in diesem Jahr aufgrund einer Mietsteigerung seine Filiale in Heisingen schloss.
"Masse ist nicht mein Ziel"
Vom Stammladen in Bergerhausen möchte er sich aber trotz der Enge nicht verabschieden, sagt er: „Ich möchte die Größe so beibehalten, da Masse nicht mein Ziel ist.“
Dass er nach dem Studium der Elektrotechnik doch einmal im Fleischerhandwerk landete, liegt in der Familie. Sein Großvater Heinrich Burchhardt betrieb vor 50 Jahren eine Metzgerei in Bredeney, die schließlich sein Vater übernahm. Auch seine Mutter stammt aus dem Fleischerhandwerk, der Familie Heuer.