Essen. . Pfarrer Volker Emler ist als ev. Gehörlosenseelsorger für Schwerhörige und Gehörlose im gesamten Ruhrgebiet zuständig. Trauungen, Beerdigungen - sein Tagesgeschäft unterscheidet sich kaum von dem seiner Pfarrerkollegen.

Wenn Pfarrer Volker Emler (51) seinen monatlichen Gottesdienst für Gehörlose in der Reformationskirche an der Julienstraße abhält, ist das eine sehr stille Angelegenheit. Keine Orgel, kein Gesang, keine gemeinsam gesprochenen Verse: Pfarrer Emler übermittelt Bibeltexte und Gebete in Gebärdensprache. „Die Liturgie ist etwas vereinfacht. Nur wenn ich weiß, dass etliche hörende Angehörige dabei sind, benutze ich manchmal meine Stimme“, sagt der evangelische Pfarrer.

Zuständig ist Volker Emler für Schwerhörige, Gehörlose und Ertaubte im gesamten Ruhrgebiet. Er ist viel unterwegs. „Wir versuchen, jedes Wochenende irgendwo im Ruhrgebiet etwas für Gehörlose anzubieten“, erklärt der Duisburger, der seit 16 Jahren in Essen tätig ist und den Treffpunkt der Schwerhörigen und Gehörlosen an der Henckelstraße leitet. Entfernungen sind für sein Klientel kein Problem: Gehörlose haben freie Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln und sind entsprechend mobil. Und wenn sie schon mal da sind, gibt’s nach dem Gottesdienst meist noch ein gemütliches Beisammensein. Die Gottesdienste gestaltet Emler nicht allein, sondern mit einem Team von ehrenamtlichen Helfern.

Schwerpunkt Kinder- und Jugendarbeit

Zur Gehörlosenseelsorge kam Volker Emler eher zufällig. Nach dem ersten Examen vertrat er einen Kollegen in diesem Bereich, absolvierte später ein dreimonatiges Schulvikariat an der Huttroper Gehörlosenschule. Neben der Gebärdensprache, die Emler gemeinsam mit seiner Frau erlernte, hält er eine psychosoziale Zusatzausbildung für wichtig: „Man muss sich bewusst werden, welche Auswirkungen eine Hörbehinderung auf die Menschen haben kann. Nur dann kann man gewisse Handlungen oder Charaktereigenschaften der Menschen verstehen, mit denen man umgeht.“

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Von DerWesten

So fühlten sich viele Hörbehinderte ausgeschlossen, weil sie nicht alles verstehen und mitbekommen. Das führe manchmal zu Misstrauen gegenüber anderen Menschen, erläutert der Pfarrer. Ein Arbeitsschwerpunkt des Gehörlosenseelsorgers liegt in der Kinder- und Jugendarbeit. „Dadurch, dass ich auch Religionsunterricht gebe, habe ich guten Kontakt zu Kindern und Jugendlichen“, sagt Emler.

Fingeralphabet ist international

Die Gebärdensprache ist übrigens nicht international, sondern wird nur in Kombination mit Mundbild und Körpersprache verstanden. „Das Fingeralphabet ist dagegen international“, erklärt Emler, der seine gebärdensprachlichen Fähigkeiten durch tägliches Praktizieren und die Rückmeldung der Gehörlosen perfektioniert. „Ich bekomme natürlich mitgeteilt, dass man mich nicht verstanden hat, wenn ich nicht sauber gebärdet habe“, weiß der Pfarrer diesen Kontrolleffekt durchaus zu schätzen. Auf Dolmetscher verzichtet er. „Beim Gespräch mit einem Seelsorger geht es oft um sehr persönliche, vertrauliche Dinge. Ein Dolmetscher wäre da unangebracht.“

Trauungen, Beerdigungen, Wiederaufnahmen in die Kirche - Volker Emlers Tagesgeschäft unterscheidet sich kaum von dem seiner Pfarrerkollegen. Allerdings läuft die Kontaktaufnahme halt meist über Fax, E-Mail oder SMS, manchmal auch über das Bildtelefon, bevor man sich zum persönlichen Gespräch trifft.

„Die Arbeit mit Schwerhörigen ist ganz anders als die mit Gehörlosen“, sagt Emler. Während Gehörlose, die von Beginn an nur bestimmte Formen der Kommunikation kennen, oft sehr offensiv in ihren sozialen Beziehungen auftreten würden, zögen sich viele Schwerhörige, vor allem, wenn die Behinderung fortschreite, immer mehr zurück. Volker Emler mag seinen besonderen Pfarrer-Job sehr: „Die Arbeit ist hochinteressant. man lernt viele unterschiedliche Menschen kennen, die meist sehr offen sind. Man weiß direkt, woran man ist und bekommt sehr viel zurück“, beschreibt Emler seine Motivation.