Essen-Haarzopf. Statt einer versprochenen Verbesserung sei das Internet im letzten Jahr noch langsamer geworden, klagen Haarzopfer. Telekom hat keine Erklärung.

Homeoffice und Homeschooling in Corona-Zeiten, E-Mails abrufen und gleichzeitig einen Film schauen, Whatsapp-Nachrichten empfangen und dazu Internet-Radio hören, Beiträge aus der Mediathek abrufen – für Anwohner am Sonnenscheinsweg in Essen-Haarzopf ist das kaum möglich. Seit rund einem Jahr leiden sie unter einer extrem schwachen Internetverbindung von oft nur 2,8 Mbit/s. Abhilfe ist offenbar frühestens in einem Jahr zu erwarten.

„Als wir 2012 in das neu gebaute Mehrfamilienhaus am Sonnenscheinsweg 32 eingezogen sind, war die Internet-Geschwindigkeit mit 5,4 Mbit/s auch nicht gerade toll, aber wir konnten damit noch ganz gut leben“, sagt Diplom-Ingenieur Volker Uhlemann. Laut Vertrag hätte es eine Geschwindigkeit von bis zu 6 Mbit/s sein sollen.

Die Nachbarn vom Sonnenscheinsweg haben Probleme mit dem Internet: (v.l.) Gereon Reichert (36), Volker Uhlemann (56), Rene Hannebauer (47) und Bernd Hillebrand (56). Sie hoffen auf schnelle Verbesserung.
Die Nachbarn vom Sonnenscheinsweg haben Probleme mit dem Internet: (v.l.) Gereon Reichert (36), Volker Uhlemann (56), Rene Hannebauer (47) und Bernd Hillebrand (56). Sie hoffen auf schnelle Verbesserung. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Seine Probleme seien kein Einzelfall, seinen Nachbarn im Haus und auf derselben Straßenseite ergehe es ähnlich. Sie alle blickten schon ein bisschen neidisch auf die Nachbarn auf der anderen Straßenseite. Diese seien, so haben die Anwohner erfahren, vor einigen Jahren ans schnelle Internet angeschlossen worden. „Meines Wissens sind dort 50 Mbit/s und mehr verfügbar. Unsere Straßenseite wurde nicht berücksichtigt“, ärgert sich Volker Uhlemann. Er habe Bekannte in Rüttenscheid, die mit Glasfaserkabel durchaus 400 Mbit/s erreichten.

Im letzten Jahr kam Hoffnung auf

2019 sei dann Hoffnung aufgekeimt. Anbieter Telekom habe im Zusammenhang mit der Umstellung der Anschlusstechnologie eine Verbesserung der Internetperformance angekündigt. „Wir sollten einen DSL-Anschluss mit bis zu 16 Mbit/s bekommen“, so der Haarzopfer. Das Ergebnis sei mehr als enttäuschend gewesen: Die Internetgeschwindigkeit habe sich nicht verbessert, sondern sei – ganz im Gegenteil – auf rund 2,8 Mbit/s gesunken.

Beiträge aus der Mediathek laufen nur Sekunden flüssig

„Wenn ich Sendungen aus der Mediathek schauen möchte, läuft es ein paar Sekunden ganz gut, dann stolpert der Beitrag. Es ist unmöglich, so eine Sendung zu schauen“, so Uhlemann. Um einen 45-Minuten-Beitrag herunterzuladen, brauche man rund 100 Minuten. Ein Windows-Update benötige auch mal vier bis acht Stunden, so dass man den Rechner nachts anlassen müsse, sind auch die Nachbarn genervt.

Breitbandabdeckung liegt laut Stadt bei 82 Prozent

Laut Stadt trägt der 2019 begonnene Breitbandausbau inzwischen Früchte. Ab sofort seien zusätzliche 640 Breitbandanschlüsse im nördlichen Stadtgebiet buchbar – dazu seien 51 Kilometer Glasfaserkabel verlegt und 86 Verteiler neu aufgestellt worden.

Bisher bestehe in Essen eine Breitbandabdeckung von rund 82 Prozent. Um diese auszubauen, bekämen bis Mitte 2021 weitere mehr als 9500 Haushalte und über 500 Unternehmen in Essen schnelles Internet. In diesen Ausbaugebieten erhielten dann 98 Prozent der Haushalte Übertragungsgeschwindigkeiten von mindestens 50 Mbit/s. Die verbleibenden zwei Prozent der Haushalte würden mit 30 Mbit/s versorgt, so die Stadt.

Die Terminrecherche im Netz könnte die Haarzopfer optimistisch stimmen: Jetzt soll der Breitbandausbau in dem Bereich bis Juni 2021 erfolgen. Nachdem der Ausbau aber schon einmal verschoben worden sei und sie immer wieder von solchen Zusagen enttäuscht worden seien, haben die Nachbarn auch an diesem Termin Zweifel.

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Die Telekom verweist darauf, dass die Probleme auch an den Innenleitungen liegen könnten. Dafür sei dann der Hauseigentümer zuständig.
Die Telekom verweist darauf, dass die Probleme auch an den Innenleitungen liegen könnten. Dafür sei dann der Hauseigentümer zuständig. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Das Ziel des Breitbandausbaus, der 2021 fortgesetzt werde, sei es, einer möglichen Unterversorgung wie in Haarzopf entgegenzuwirken, teilt Stadtsprecherin Silke Lenz mit. Allerdings habe sich durch vermehrte Kampfmittelsondierungen der Ausbau um sechs Monate nach hinten, also bis Mitte 2021, verschoben, bis alle Stadtteile angeschlossen seien. Der Ausbau werde durch die Deutsche Telekom vorgenommen, weshalb die Stadt keinen Einfluss auf die Reihenfolge der Arbeiten habe.

Bei der Telekom hat man keine Erklärung für die Internet-Probleme der Nachbarn am Sonnenscheinsweg. Laut Telekom-Sprecher George-Stephen McKinney gehört der Sonnenscheinsweg 32 zum Fördergebiet für den Breitbandausbau, für den es ja Gelder aus verschiedenen Töpfen gebe.

Telekom führt den Breitbandausbau durch

„Wir haben die Ausschreibung der Stadt gewonnen und werden den Breitbandausbau realisieren. Die Stadt Essen ist dann Bauherr, wir sind als Telekom die ausführende Firma“, erklärt McKinney. Tatsächlich peile man den Netzausbau in diesem Abschnitt bis Ende Juni 2021 an.

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„Warum dort die Geschwindigkeit aktuell so gering ist, dafür habe ich keine Erklärung“, sagt McKinney. Das könne an vielen verschiedenen Faktoren liegen, auch an der Innenleitung, für die der Hauseigentümer zuständig sei. „Der Kunde sollte sich mit dem Anbieter in Verbindung setzen und gegebenenfalls einen Prüfauftrag erteilen“, rät McKinney. Ob dieser Rat bei den Haarzopfer Kunden, die seit langem im Austausch mit ihrem Anbieter stehen, gut ankommt, bleibt abzuwarten.

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