Essen. Die Stadt baut das Glasfaser-Netz in Essen aus. Darauf wollte Unternehmer Christian Mauve nicht vertrauen - und wurde in Heidhausen selbst aktiv.

Wann kommt das schnelle Internet nach Essen? Wenn man so weit vom Schuss wohnt wie der Unternehmer Christian Mauve, heißt die Antwort wohl: Wahrscheinlich nie! Mauve, der eine Software-Firma in Steele besitzt, lebt in Heidhausen kurz vor der Velberter Stadtgrenze und hat die Sache selbst in die Hand genommen - für allerdings 30.000 Euro.

Draußen vor der Tür sagen sich Fuchs und Hase Gute Nacht, und die Straßenlaternen sind mit oberirdischen Stromkabeln verbunden, wir sind hier wirklich auf dem Land, aber Mauve surft jetzt mit 1000 MBits pro Sekunde durch das Internet, das ist der höchste Glasfaser-Standard, der derzeit möglich ist. Wenn er Filme aus dem Internet schaut, gibt es keine Ladezeiten und kein Ruckeln, und egal, was er auch per Mail versendet oder empfängt: Alles geht wie im Flug.

Im Mai 2019 starteten die Arbeiten für den Ausbau

Im vergangenen Jahr erhielt die Stadt Essen die Förderbescheide vom Bund, die die Ankündigung möglich machten: Bis Ende 2020 sind 9500 Haushalte und 500 Unternehmen in Essen ans Glasfaser-Netz angebunden. Die Arbeiten starteten im Mai, berichtet Uwe Breder von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft EWG, zuständig für den Breitband-Ausbau. Der erste Abschnitt im Essener Norden sei mittlerweile so gut wie fertig; der zweite Abschnitt in Angriff. „Das Projekt läuft.“

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Doch darauf wollte sich Mauve nicht verlassen: Er wohnt in einem alten Ärztehaus direkt neben der Ruhrlandklinik, und als das Krankenhaus ans Glasfasernetz angeschlossen wurde, griff Mauve zu. Er ließ sich ein Rohr direkt zu seinem Haus verlegen und weitere Leerrohre entlang der Straße, an der er wohnt, dem Tüschener Weg. Gleichzeitig mietete er eine Leitung von Heidhausen nach Düsseldorf, wo das Rechenzentrum von Mauves Firma liegt, mit einem Internet-Knotenpunkt.

Alles dauerte ein Jahr, kostete rund 30.000 Euro an Bauarbeiten und Großrechnern, die jetzt bei Mauve im Keller stehen, und „ich wollte zwei Dinge: Schnelles Internet zu Hause, und ich wollte etwas bewegen.“ Denn nicht nur er, sondern auch seine Nachbarn profitieren jetzt vom Glasfaser, das in der Erde liegt. Bereits drei Nachbarn haben sich ans schnelle Internet angeschlossen, insgesamt 45 könnten es. „Ich wollte auch meine Nachbarschaft versorgen, denn ich will zeigen, dass so etwas geht.“

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„Mit Geld und guten Worten ist es nicht getan“

Dabei verhehlt der Unternehmer nicht, dass er erstens vom Fach ist und zweitens auch das nötige Investitionskapital aufbringen kann für eine solche Maßnahme. „Aber die Vergangenheit zeigt ja, dass es mit Geld und guten Worten allein nicht getan ist, man muss auch machen.“ In der Tat räumt der Breitband-Beauftragte der Wirtschaftsförderung, Uwe Breder, ein: „In abgelegenen Orten ist die Versorgung mit Glasfaser kaum wirtschaftlich darstellbar.“

Kupferkabel bringt starke Schwankungen

Mit Glasfaserkabeln können Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 1000 Mbit erzielt werden. Normale Kupferkabel, die derzeit noch weit verbreitet sind, schaffen maximal 250 MBit – sind aber starken Schwankungen unterlegen.

Die Stadt garantiert, dass der Glasfaserausbau Übertragungsgeschwindigkeiten von mindestens 50 MBit möglich macht – in 98 Prozent der Haushalte. Wer heute an ein altes Kupferkabel angebunden ist, muss in der Regel mit zehn bis 15 MBit auskommen.

Szene der Arbeiten in Heidhausen, die Mauve initiierte.
Szene der Arbeiten in Heidhausen, die Mauve initiierte. © Christian Mauve | Christian Mauve

Mauve vermietet jetzt das schnelle Internet an seine Nachbarn zu einem Preis, der, wie er sagt, weit unter dem der großen Anbieter liegt. Und er will mit seinem Engagement zeigen: „Die Leute wollen billiges, schnelles Internet und sagen, der Staat macht schon. Doch das ist längst nicht immer der Fall.“ Ob die Stadt ihren Zeitplan einhalten kann, bis Ende 2020 den Breitband-Ausbau bewerkstelligt zu haben? Mauve zweifelt das an. Die Stadt hingegen lobt die Aktion des Unternehmers: „So ein Bürger-Engagement kann man nur begrüßen“, sagt Uwe Breder.

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Die Nachbarn, die von Mauves Engagement erfuhren und anmerkten, dass sie auch gern ans Netz angeschlossen werden würden, waren nur bei einer Sache etwas verdutzt: „Das Rohr von der Straße bis zum eigenen Haus muss jeder selber legen“, sagt Mauve. „Einmal muss man durch den Vorgarten, aber auch das ist nun mal kein Hexenwerk.“ Im Gegenteil: Wer einmal erlebt hat, wie stabil das Internet mit Glasfaser-Anschluss funktioniert, wolle nichts anderes mehr.