Essen-Margarethenhöhe. Bilder und Objekte im Brückenkopfhaus geben Einblicke in den früheren Alltag. Neues Konzept für Ausstellung auf der Essener Margarethenhöhe.
Erstmals seit dem Wiederaufbau der historischen Brückenkopfhauses hat die Bürgerschaft Margarethenhöhe die dort untergebrachte heimatgeschichtliche Ausstellung überarbeitet und neu arrangiert. Einige Exponate sind dazugekommen.
Erste Ausstellung im Brückenkopfhaus war zwölf Jahre lang zu sehen
„Nach gut zwölf Jahren war es an der Zeit, die Präsentation zu überarbeiten“, sagt Jürgen Malone von der Bürgerschaft, die das Brückenkopfhaus betreut. Das Gebäude, Teil des Brückenensembles und damit Eingangstor zur Gartenstadt, war im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Zum 100-jährigen Bestehen der Margarethe-Krupp-Stiftung 2006 hatte die Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung 250.000 Euro für den Wiederaufbau des Hauses zur Verfügung gestellt. Dafür hatte sich seinerzeit auch deren Vorstandsvorsitzender Berthold Beitz stark gemacht.
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2007 wurde das Brückenkopfhaus nach dem Wiederaufbau feierlich eingeweiht. „Hier treffen sich viele der Gruppen, die eine Führung über die Margarethenhöhe unternehmen“, sagt Jürgen Malone, der das neue Konzept der Ausstellung gemeinsam mit Maler und Grafiker Manfred Raub erdacht und umgesetzt hat. Das NRW-Heimatministerium hatte für das Projekt 2000 Euro zur Verfügung gestellt.
Silberbesteck aus den 1920er Jahren
Dafür wurde unter anderem ein Silberbesteck von Goldschmiedin Elisabeth Treskow aus den 1920er Jahren angeschafft, das jetzt in einer Vitrine im Obergeschoss des Brückenkopfhauses gezeigt wird. „Eine Radierung von Hermann Kätelhön soll noch folgen, wir sind da im Gespräch mit dem Enkel des Künstlers“, so Malone.
Die neu konzipierte Ausstellung, für deren Umsetzung das Brückenkopfhaus seit Dezember 2019 geschlossen war, ist unterteilt in eine sozialhistorische Darstellung im Erdgeschoss und eine Präsentation der Künstlersiedlung Margarethenhöhe im Obergeschoss.
Im Erdgeschoss hängen Schwarz-Weiß-Fotos aus den 1920er und 1930er Jahren, die die teils katastrophale Wohnsituation in Essen, zum Beispiel im Segeroth und der Zechensiedlung Victoria Mathias, zeigen. Die Fotos werden kontrastiert von Bildern, die die vom Architekten Georg Metzendorf entworfenen Häuser und Wohnungen zeigen, die den Menschen eine deutlich höhere Wohnqualität boten. Auf einem Bild sieht man die kombinierte Heiz-, Koch-, Bad- und Ventilationsanlage, die sich später zum Verkaufsschlager entwickelte und die heute in der Musterwohnung auf der Margarethenhöhe zu sehen ist.
Bilder aus dem Buch in der Diashow zu sehen
Im Oberschoss liegt das Buch „Erinnerungen - 20 Jahre Baugeschichte von 1909-1929“ in der Vitrine, dessen Einband von Buchbinderin Frida Schoy geschaffen wurde, die zur Künstlergruppe der Margarethenhöhe gehörte. Das wertvolle Buch, das in limitierter Auflage von 25 Stück gedruckt wurde, darf man nicht berühren. „Wer die Bilder im Inneren trotzdem sehen will, kann das bei einer neuen Diashow im Erdgeschoss, für die wir eigens einen modernen Fernseher angeschafft haben“, sagt Manfred Raub. Im Rahmen der Diashow seien auch Bilder aus dem Buch „Siedlungen und Bauten, 1920“ von Georg Metzendorf zu sehen.
Ausstellung ist bei Führungen und privat zu besichtigen
Die heimatgeschichtliche Ausstellung im Brückenkopfhaus, Am Brückenkopf 8, auf der Margarethenhöhe ist im Rahmen von Führungen, aber auch privat zu besichtigen.
Das Haus ist jeweils mittwochs, samstags und sonntags von 15 bis 17.30 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Zu betrachten sind außerdem markante Türgriffe und -klopfer aus der Siedlung, eine Postkartensammlung von 1914 und eine 1-Mark-Silbermünze von 1905. „Letzte nehmen wir gern, um den Besuchern zu verdeutlichen, wie man sich die Summe von einer Million Mark vorstellen kann, die Margarethe Krupp damals als Stiftungskapital für den Bau der Siedlung zur Verfügung stellte. Eine Million dieser Münzen würden nämlich einen Turm von 1430 Metern Höhe ergeben“, so Jürgen Malone.
Die Plastik „Spielender Bär“ wird aus Zollverein zurückgebracht
Geblieben sind die Zeittafel zur Geschichte der Gartenstadt, die Darstellung zur Entwicklung der Kruppschen Gussstahlfabrik, die Grafik zu den Mitgliedern der Künstlerkolonie und die Steinplastik „Spielender Bär“. Das Werk von Joseph Enseling von 1912 wird weiterhin im Obergeschoss stehen, wenn es in den nächsten Tagen von Zollverein zurückkommt, wo es Teil der Ausstellung „Aufbruch im Westen. Die Künstlersiedlung Margarethenhöhe“ war.
Einige Bildtafeln hätten nur einen anderen Platz in der Ausstellung bekommen. „Bei Führungen taucht immer wieder die Frage auf, ob es hier denn gar keine Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg gegeben habe. Da sind die Tafeln hilfreich, die sowohl die Zerstörungen im Krieg als auch den Wiederaufbau dokumentieren. Denn nur 40 Prozent der Bausubstanz ist tatsächlich unversehrt geblieben“, erklärt Manfred Raub.
Mietbücher zeigen die Inflation in den 1920er Jahren
„Die in der Vitrine gezeigten Mietverträge zeigen deutlich die Inflation, als in den 1920er Jahren die Miete in kurzer Zeit von rund 102 auf deutlich über 1000 Mark anwuchs“, so Jürgen Malone. Ihnen sei auch wichtig gewesen, die Bevölkerungsstruktur auf der Margarethenhöhe abzubilden. „Die Margarethenhöhe war auf keinen Fall eine Arbeitersiedlung, auch wenn natürlich einige Krupp-Arbeiter hier wohnten. Hier gab es Angestellte und Beamte, vom Eisenbahner bis zum Lehrer war alles vertreten“, so Malone.
Jürgen Malone und Manfred Raub hoffen, dass das neue Konzept bei den historisch interessierten Besuchern gut ankommt. Die Aufsicht im Brückenkopfhaus zu den Öffnungszeiten sowie die Führungen würden von den Mitgliedern der Bürgerschaft ehrenamtlich übernommen. „Allein im letzten Jahr haben wir seitens der Bürgerschaft 221 Führungen angeboten“, sagt Malone. Dazu kämen Führungen des Ruhrmuseums und solche im Rahmen von Stadtrundfahrten.
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