Essen-Südviertel. Musiker bieten Benefizkonzerte, Stammgäste ihre Hilfe beim Renovieren an: Die Betreiber der Madame Chocolat sind dankbar für die Solidarität im Südviertel.
Mehr als 100 persönliche Nachrichten, Anrufe und Mails haben Conny Niermann und Ekkehardt Wiemann in den vergangenen Tagen erreicht. So tragisch der Brand ihrer Madame Chocolat ist, so zeigt das Unglück auch, wie groß Nachbarschaft im Südviertel geschrieben wird. Wie schon beim Brand der holländischen Kneipe „De Prins“ am Isenbergplatz im Jahr 2009 ist die Solidarität im Viertel erneut riesig.
So boten am Wochenende bereits einige Musiker an, Benefizkonzerte zu geben. Sogar ein Radiosender aus Berlin, mit dem Conny Niermann und Ekkehardt Wiemann in Verbindung stehen, möchte mithelfen. „Das hat uns sehr berührt. Uns haben so viele Menschen ihre Unterstützung zugesagt, dafür sind wir sehr dankbar“, sagt Conny Niermann, die wir gemeinsam mit Ekkehardt Wiemann gestern an der Goldbar am Isenbergplatz treffen.
Ermittlungen zur Brandursache laufen noch
Auch dort ist die Empathie groß, gibt es viele Worte des Zuspruchs und immer wieder das Angebot, bei der Renovierung der Kultkneipe mit anzupacken. Denn eines steht für die beiden fest: „Die Madame muss wieder öffnen“, sagt Niermann. Wie hoch der materielle Schaden ist, ist weiterhin unklar. Schon beim Blick durch die Fensterscheiben aber wird klar, dass viel Arbeit vor ihnen liegt. „Man wird sie nicht so wieder herrichten können, wie wir sie kannten“, bedauert Ekkehardt Wiemann. Am Samstagmorgen seien sie gegen 9 Uhr vom Anruf, der Laden würde brennen, geweckt worden. Seither steht das Telefon nicht mehr still. Die Ermittlungen zur Brandursache laufen noch. Wahrscheinlich ist nach Einschätzung der Feuerwehr, dass der Brand in der Dachkonstruktion des Lokals ausbrach.
Das ist für seine Betreiber weit mehr als „nur“ eine Kneipe. Für Conny Niermann, die jemand mal als „Mutter des Südviertels“ bezeichnete, ist das Madame Chocolat in erster Linie ein verwirklichter Lebenstraum. Im Oktober 2008 eröffnete sie die Kneipe, schmiss dafür ihren Verwaltungsjob. „Die Kinder waren groß und ich wollte mich trotz größtem Risiko und keiner Erfahrung in der Gastronomie unbedingt mit einem eigenen Laden selbst verwirklichen, einen Raum schaffen, in dem sich Menschen verbinden. Quasi als mein Wohnzimmer für alle“, sagt sie.
Charme alter Ruhrpottpinte mit neuem Stempel versehen
In den Räumen des Bernewäldchen, wie die traditionsreiche Ruhrpottpinte damals hieß, wird sie fündig. Ihr gefällt der Charme; die alten Holztische – „wieviele Würfel da schon drüber gerollt sind“ – übernimmt sie ebenso wie den rustikalen Charme. Gleichzeitig drückt Conny Niermann der Madame ihren eigenen Stempel auf: Sie bringt viele private Möbel mit, lässt ihre Gäste kneten, malen, musizieren, einfach nur an der Theke sinnieren oder sich gegenseitig kennen und lieben lernen. „Bei uns haben sich drei Paare getroffen, die heute verheiratet sind“, sagt sie.
Das gleiche Konzept des gegenseitigen Vernetzens greift auch in der benachbarten Viertelliebe an der Hildegardstraße, die Conny Niermann im vergangenen Jahr im Stil eines österreichischen Kaffeehauses eröffnete. Bis die Madame Chocolat wieder auf Vordermann gebracht ist, gelten dort neue Zeiten, ist künftig zusätzlich montags und dienstags ab 20 Uhr geöffnet. Jetzt den Kopf hängen zu lassen, komme schließlich nicht in Frage, verdeutlicht Conny Niermann: „So viel emotionale Unterstützung trägt und macht uns Mut.“