Essen-Rellinghausen. . Zwei Mitarbeiter des Ordnungsamts verwiesen eine Gruppe junger Kicker vom Kunstrasenplatz an der Sartoriusstraße – weil sie über 15 Jahre alt sind und das Feld sonntags nicht genutzt werden darf. Ein Nachbar hatte sich beschwert. Kein Einzelfall, wie ein Bericht zur Förderung der Spielplatzpatenschaften zeigt.

Ausgerechnet in Essen, im Herzen des so fußballverrückten Reviers, mehren sich offenbar die Beschwerden über kickende Jugendliche auf Bolzplätzen – jenen Orten, an denen die Leidenschaft fürs Pöhlen überhaupt entdeckt wird. So heißt es im Jahresbericht zur Förderung der Spielplatzpatenschaften schon im vergangenen Jahr, dass die Modernisierung einiger Bolzplätze durch Grün und Gruga eine Zunahme der Beschwerden von Anwohnern zu Folge hatte.

Geldbuße von 1000 Euro droht

Davon betroffen ist auch der im Frühjahr 2013 überarbeitete Bolzplatz an der Sartoriusstraße in Rellinghausen. Für rund 15 000 Euro wurde der Platz mit Kunstrasen ausgestattet, neue Fangzäune aufgestellt. Am vergangenen Sonntag wollten Marc Ebeler und seine Freunde das schöne Wetter nachmittags nutzen. Nach kurzer Zeit aber wurden sie von zwei Ordnungsamt-Mitarbeitern des Platzes verwiesen, nachdem sich ein Nachbar beschwert hatte. „Vor ein paar Monaten ist das schon mal passiert, da wurde uns gesagt, wir seien zu alt“, erinnert sich Ebeler.

Denn für den Bolzplatz gelten wie für zahlreiche weitere im Stadtgebiet strikte Regeln: Zum einen dürfen nur Kindern bis 15 Jahre auf den Bolzplatz, an Sonn- und Feiertagen darf er überhaupt nicht bespielt werden. Wer das missachtet, dem droht eine Geldbuße von 1000 Euro. Für Rainer Ebeler, Vater des 16-Jährigen, ein Unding: „Da baut die Stadt für viel Geld einen vernünftigen Fußballplatz und sperrt diesen an den Sonntagen. Aus meiner Sicht ein Armutszeugnis“, schreibt Ebeler in seiner Beschwerde, die er auch ans Rathaus schickte.

Rechtlich gesehen ist die Stadt auf der sicheren Seite

Marc und seine Freunde, mit denen er zum Teil seit Kindertagen Fußball spielt, haben kein Verständnis für die rigorose Regelung: „Wir sind alle in der elften Klasse des Helmholtz-Gymnasiums. Schule und Trainingszeiten binden viele von uns so stark ein, dass wir nur an den Wochenenden spielen können.“ Meistens finden sie den Platz leer vor, Kinder nutzten viel eher den Spielplatz nebenan, erzählen die Jugendlichen. Außerdem gesellten sich manchmal die Bewohner der direkt benachbarten Asylunterkunft zu ihnen, dann wird gemeinsam gekickt. Streng genommen wäre das nicht erlaubt, schließlich sind die meisten von ihnen über 15 Jahre alt. „Ständig wird unserer Generation vorgeworfen, nur vor dem Rechner zu sitzen. Wenn wir uns bewegen, ist es den Leuten aber offensichtlich auch nicht recht“, sagt Lukas Kasparek, der in der B-Jugend des ESC Rellinghausen spielt.

Die Stadt hat zu dem Thema auf Anfrage noch nicht Stellung genommen. Die Altersbeschränkung hat dabei aber wohl einen juristischen Hintergrund. So gibt es mehrere Grundsatzurteile, etwa des Oberverwaltungsgerichts Münster, wonach nur Bolzplätze für Kinder bis 15 Jahren in Wohngebieten zulässig sind. Hat ein solcher Bolzplatz jedoch keine Bestimmungen zum Schutz der Nachbarn, etwa eine Altersbegrenzung oder eingeschränkte Öffnungszeiten, verstößt er laut dem Urteil gegen das Gebot der Rücksichtnahme, kann sogar geschlossen werden. Rein rechtlich gesehen sind also sowohl der Nachbar als auch die Stadt auf der sicheren Seite. Marc Ebeler: „Die Männer vom Ordnungsamt waren aber nett. Sie sagten uns, dass es ihnen leid tut und sie die Regel auch nicht nachvollziehen können.“