Essen-Ruhrhalbinsel. Die Pfarrei St. Josef Ruhrhalbinsel hat ein Standortkonzept verabschiedet. Warum die Kirchen in Dilldorf und Überruhr-Hinsel verkauft werden.

Der Pfarreientwicklungsprozess schreitet in der Pfarrei St. Josef Ruhrhalbinsel voran. Am Samstag verabschiedeten die Leitungsgremien der Pfarrei ein neues Seelsorge- und Standortkonzept. Dabei geht es unter anderem um die von vielen Gläubigen befürchteten harten Einschnitte im Gemeindeleben, nämlich den Verlust des Kirchengebäudes im Stadtteil. Nun ist klar: Betroffen sind die Katholiken in Dilldorf und in Überruhr-Hinsel.

Die Kirchen St. Mariä Geburt (Dilldorf) und St. Mariä Heimsuchung (Überruhr-Hinsel) sollen als Gottesdienstorte aufgegeben und für eine andere, möglichst soziale Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Diese Nachricht überbrachte Pfarrer Gereon Alter den Gemeindemitgliedern persönlich in den Gottesdiensten am Sonntag.

Für die Gläubigen ist es erst einmal ein Schock

An der Straße Hinseler Feld in Überruhr-Hinsel steht die Kirche Mariä Heimsuchung. Auch sie wird von der Pfarrgemeinde St. Josef aufgegeben.
An der Straße Hinseler Feld in Überruhr-Hinsel steht die Kirche Mariä Heimsuchung. Auch sie wird von der Pfarrgemeinde St. Josef aufgegeben. © Olaf Ziegler

Während in Überruhr-Hinsel die Gläubigen durchaus gefasst reagierten, waren die Menschen in Dilldorf geschockt. „Ich habe die sehr große Betroffenheit gespürt“, sagt Gereon Alter. „Die Aufgabe eines Kirchengebäudes ist immer schmerzvoll, weil jeder eine besondere Verbundenheit damit spürt. Das haben wir bei der Aufgabe der Kirche St. Josef in Kupferdreh bereits erlebt“, sagt Alter. Deshalb sei es niemandem aus den Leitungsgremien leicht gefallen, diese Entscheidungen zu treffen. „Andererseits war klar: Mit einem ,Einfach weiter so’ wären wir den künftigen Herausforderungen nicht gerecht geworden.“

Thomas Sonnenschein ist skeptisch – und enttäuscht. Er hat den Förderverein der Dilldorfer Kirche St. Mariä Geburt vor gut zehn Jahren mitbegründet. „Wir dachten, der Kelch ginge an uns vorüber. Vor allem, weil es sich ja um ein denkmalgeschütztes Gebäude handelt.“ Der 54-Jährige findet sich keineswegs mitgenommen in diesem Entscheidungsprozess, kann nicht nachvollziehen, warum es nach dem Aus für das Kupferdreher Gotteshaus nun auch in Dilldorf keine eigene Kirche mehr geben soll.

Im Herbst sollen Projektgruppen gebildet werden

Fünf Kilometer sei die Byfanger Kirche St. Barbara entfernt. Sie soll laut Pfarrei-Planung. so lange erhalten bleiben, wie es wirtschaftlich und personell darstellbar ist. Auch eine vage Aussage, sagt Sonnenschein. Und auf Dilldorf bezogen: „Wie künftig bei uns ein Gemeindeleben stattfinden soll, ist mir noch nicht klar, auch wenn uns vor Ort das Gemeindeheim erhalten bleibt.“

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Man werde die Gotteshäuser nicht von jetzt auf gleich schließen, beruhigt Pfarrer Gereon Alter. Wohl wissend, dass die Entscheidung, da sie einmal ausgesprochen wurde, noch für reichlich Diskussionsstoff mit den betroffenen Menschen sorgen wird. Im Herbst sollen Projektgruppen gebildet werden, die sich mit der Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen beschäftigen sollen, „denn es ist uns wichtig, auch diejenigen einzubinden, die das kirchliche Leben vor Ort gestalten“, so Alter.

Die weiteren Maßnahmen des Konzepts für die Ruhrhalbinsel

Bei der Frage, welche Immobilien die Kirchengemeinde künftig brauche, habe man sich nicht allein von wirtschaftlichen Aspekten leiten lassen. „Wichtig war uns auch, in jedem Stadtteil präsent zu bleiben, Kinder- und Jugendarbeit zu ermöglichen und unsere vielfältigen Angebote für Senioren so gut wie möglich weiterzuführen“, erläutert Heinz Willing, der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates.

Der Pfarreientwicklungsprozess

Weniger Gebäude – mehr Nähe, heißt die Devise des jetzt beschlossenen Konzepts. „Wir wollen näher bei den Menschen sein und uns von Immobilien trennen, die in der zukünftigen Struktur nicht mehr benötigt werden“, sagt Pfarrer Gereon Alter.

Das Bistum Essen hatte seine Pfarrgemeinden 2017 aufgefordert, ein für die nächsten Jahrzehnte zukunftsfähiges Handlungskonzept zu entwickeln – angesichts steigender Kosten und schrumpfender Kirchensteuer.

Ein Punkt ist dabei der Ausbau der bereits bestehenden Koope-rationen mit den evangelischen Kirchengemeinden – nicht nur auf der Ruhrhalbinsel.

Über die beiden Kirchenschließungen hinaus wurden unter anderem noch folgende Maßnahmen beschlossen: Die Kirchen Herz Jesu (Burgaltendorf), St. Georg (Heisingen) und St. Suitbert (Überruhr-Holthausen) sollen langfristig erhalten bleiben und durch eine multifunktionale Nutzung gestärkt werden.

Versammlungsorte für Kinder- und Jugendliche sollen bleiben

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Von Wolfgang Kintscher, Frank Stenglein, Gerd Niewerth, Elli Schulz

Dort können zum Beispiel auch Konzerte, Vorträge und andere kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Die Gemeindeheime Herz Jesu (Burgaltendorf), St. Georg (Heisingen) und St. Suitbert (Überruhr-Holthausen) sollen eine Neuausrichtung erfahren und künftig auch anderen Zwecken dienen. Gedacht ist an barrierefreies Wohnen oder ein Mehrgenerationenhaus.

Das gerade erst frisch modernisierte Gemeindeheim St. Josef (Kupferdreh) soll langfristig erhalten bleiben. An möglichst allen Standorten soll es auch weiterhin Versammlungsmöglichkeiten (insbesondere für Kinder und Jugendliche) geben, so das Ziel.

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