Essen-Überruhr. Den PR-Experten Olaf Eybe aus Überruhr hat die Corona-Krise hart getroffen. Weil Aufträge wegbrachen, widmet er sich jetzt der Erinnerungskultur.

Dass die Corona-Krise nicht nur Existenzen vernichten, sondern auch zur beruflichen Neuorientierung führen kann, hat Olaf Eybe (57) aus Essen-Überruhr gerade erfahren. Seit vielen Jahren ist er im Bereich Kommunikation und Public Relations (PR) tätig, hat eine eigene Agentur. Es lief gut – bis Corona kam. Als ihm fast alle Aufträge wegbrachen, besann sich der studierte Historiker auf sein privates Interesse: die Erinnerungsarbeit.

„Ich engagiere mich schon viele Jahrzehnte für die deutsch-polnische Verständigung, gegen Rassismus und Antisemitismus“, sagt Olaf Eybe. Vorträge, die Organisation von Lesungen, Konzerten oder Ausstellungen, die Unterstützung von Museen und Gedenkstätten – all das, was er vorher ehrenamtlich gemacht habe, sei jetzt zu seinem Beruf geworden, der auch so etwas wie eine Berufung sei.

Erinnerungsarbeiter Olaf Eybe mit dem Bild von Fußabdrücken, die an die Massenerschießungen von Juden in Babyn Jar in der Nähe von Kiew/Ukraine erinnern.
Erinnerungsarbeiter Olaf Eybe mit dem Bild von Fußabdrücken, die an die Massenerschießungen von Juden in Babyn Jar in der Nähe von Kiew/Ukraine erinnern. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Das Interesse an dem Themenkomplex sei schon in seiner Jugend geweckt worden, blickt Olaf Eybe zurück. Bei einem Besuch in den Südstaaten der USA sei er für das Thema Rassismus sensibilisiert worden. „Dadurch bin ich politisiert worden.“ Als Schüler des Alfried-Krupp-Gymnasiums habe er Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre eine Brieffreundschaft mit einer jungen Polin gepflegt, die er dann auch besucht und dabei die Auschwitz-Gedenkstätten kennengelernt habe.

Interesse gilt der deutsch-polnischen Geschichte

„Ich hatte Geschichte als Leistungskurs, habe mich besonders für die deutsch-polnische Geschichte interessiert“, erinnert sich Eybe, der inzwischen viele Male in Auschwitz-Birkenau war, als freier Autor und Fotograf darüber Aufsätze veröffentlicht und Ausstellungen organisiert hat. „Die Eindrücke dort haben mich geprägt, halten mich gefangen. Besonders beeindruckend war es, als ich mit meinen Zwillingstöchtern, heute 24, 2015 in Auschwitz war, vor dem besonderen Hintergrund, dass dort auch Experimente mit Zwillingen durchgeführt wurden“, sagt Olaf Eybe.

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Gemeinsam mit seiner Frau hatte sich Eybe vor Jahren mit einer Agentur für Öffentlichkeitsarbeit selbstständig gemacht. „Ich habe früh festgestellt, dass Schreiben meine Stärke ist“, sagt der 57-Jährige. Der coronabedingte Einbruch habe ihn schwer getroffen. „Natürlich haben die Firmen im Moment andere Sorgen, als sich gut zu präsentieren oder Projekte anzugehen“, ist sich Eybe über die Situation im Klaren. Einige Firmen kämpften schlicht um ihre Existenz, oder es gebe sie gar nicht mehr.

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Beratungsgespräch über die berufliche Entwicklung gab den Anstoß

Nach der ersten Schockstarre im Lockdown sei er in einem Beratungsgespräch zur beruflichen Entwicklung gefragt worden, was er denn eigentlich machen möchte. „Erinnerungsarbeit“, sei ihm da klar geworden. „Ich nutze meine Kontakte, die ich aus jahrelanger ehrenamtlicher Arbeit in diesem Bereich habe, baue neue Kontakte auf. Ich kann mein Wissen als Historiker mit meinen Erfahrungen aus der Öffentlichkeitsarbeit verbinden. Bisher läuft es gut“, sagt Olaf Eybe über seinen Neustart.

Deutsch-Polnische Gesellschaft in Essen gegründet

Der gebürtige Essener Olaf Eybe hat Publizistik, Kommunikationswissenschaft, neuere und osteuropäische Geschichte studiert, ein Volontariat bei einer PR-Agentur absolviert. Er arbeitete im Bereich Öffentlichkeitsarbeit im Energiesektor, ging nach der Wende mit seiner Frau nach Dresden, wo die Kinder geboren wurden. Dort wurde er Vizepräsident der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Sachsen. Zurück im Ruhrgebiet, gründete er die Deutsch-Polnische Gesellschaft Essen, organisierte als deren Vorsitzender zahlreiche Veranstaltungen.

Wer Kontakt zu Olaf Eybe aufnehmen will, kann das unter 0201/26 84 04 oder info@eybeeybe.de tun. Infos auf www.erinnerungsarbeit.com

Künftige Aufgaben konkretisierten sich gerade: Mit der Gedenkstätte Dachau sei eine Online-Lesung vereinbart. In Kooperation mit dem kommunalen Integrationszentrum Essen werde es ab August Projekte mit Schulen in Steele zum Thema Rechtsradikalismus/Antisemitismus geben. Auch mit der Alten Synagoge in Essen gebe es bereits Gespräche, eine neue Ausstellung soll, soweit es die Corona-Situation zulässt, auf Reisen gehen und sogar in Caracas/Venezuela gezeigt werden. Olaf Eybe ist sich sicher: „Der Bedarf an Erinnerungsarbeit ist groß.“

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