Essen-Heisingen. Am 28. Juni 1950 gaben sich Gisela Raneberg und Günter Kundt im Rathaus Stoppenberg das Ja-Wort. Die Heirat haben die Essener nie bereut.
Gisela Raneberg war 21, Günter Kundt 23 Jahre alt, als das Paar im Stoppenberger Rathaus die Ringe tauschte. Am 28. Juni 1950 wurde die standesamtliche Hochzeit besiegelt. Am 11. Februar 1951 folgte die kirchliche Trauung. Die fand daheim im Wohnzimmer an der Kaulbachstraße in Holsterhausen statt. Jetzt feiert das Paar Gnadenhochzeit – und ist bis heute glücklich.
Das alte Familienalbum zeigt: Gisela strahlt ganz in Weiß vor dem evangelischen Pfarrer, während der schmucke Günter im schwarzen Einreiher mit Festtagsfliege ein wenig ernst in die Kamera blickt. 1950 sind die Hungerjahre nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Essen endlich vorbei. Es gibt wieder alles ohne Lebensmittelkarten. Als Soldat hatte Günter Kundt mit 17 Jahren an der russischen Front gedient. Danach schlägt er in Essen die Beamtenlaufbahn ein.
„1950 war ich Stadtinspektor“, erinnert er sich. Sein Chef rät zur Heirat. „Nur so bekamen Paare früher eine eigene Wohnung“, erzählt der rüstige 93-Jährige. Auf dem Balkon an der Bahnhofstraße in Heisingen sitzt er in diesen Tagen gern mit Gisela im Schatten. Die 91-Jährige pflegt die Blumenkästen mit den prachtvollen Geranien.
Hündin Stella brachte das Paar zusammen
„Meine Eltern hatten einen Lebensmittelladen in Frillendorf. Ich war dort helfendes Familienmitglied“, beantwortet Gisela Kundt die Frage nach ihrem Beruf. Kennengelernt hat sie ihren Mann Ende der 1940er beim Gassigehen mit Stella. Die Foxterrier-Hündin habe ihn zuerst entdeckt. „Sie ist gleich zu ihm gelaufen und hat an seinem Bein geschnuppert.“ Beim Hund ausführen traf man sich öfter und dann funkte es mächtig. So sehr, dass die beiden bis heute zusammen sind.
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Als Günter Kundt den Antrittsbesuch bei den Schwiegereltern machte, sorgte Stella für einen peinlichen Moment. „Sie pieselte Günter zwischen die Beine.“ Heute muss das Paar darüber lachen. Nicht nur darüber, denn Humor kommt in dieser Ehe nicht zu kurz. In anderthalb Räumen, dafür aber mit zwei Kellern in einem Neubau in Holsterhausen wohnt die junge Familie noch 1954 mit Sohn Rainer. „Er ist der beste Sohn der Welt“, sagen beide einstimmig.
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Mehr Platz gibt es an der Schornstraße. 1961 ziehen die Kundts zur Moltkestraße, wo sie 25 Jahre bleiben. „Man muss sich mögen“, betont Gisela Kundt. Das sei doch das Wichtigste. „Und gegenseitige Toleranz ist wichtig, aber nicht das Geld.“ Noch einen Tipp hat sie parat, für alle, die sich fragen, wie man 70 Jahre harmonisch im Duo verbringen kann. „Liebe geht durch den Magen.“ Günter Kundt gerät ins Schwärmen. „Meine Frau kocht wunderbare Suppen und Saucen. Wir essen nicht viel, aber sehr delikat.“
Gefeiert wird das Ehe-Jubiläum mit Enkeln und Urenkeln
Der Sohn war Leiter des Essener Gesundheitsamtes
Günter Kundt wurde am 11. September 1926 in Münster geboren, Gisela Kundt (geborene Raneberg) kam am 17. September 1928 in Wattenscheid zur Welt. Günter Kundt arbeitete fast 50 Jahre bei der Stadt Essen, unter anderem als Leiter der Ausländerbehörde (1986 bis 1991). Er war 40 Jahre ehrenamtlich Landessozialrichter und wurde dafür mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Dr. Rainer Kundt, der einzige Sohn, nahm 1984 seinen Dienst bei der Stadt Essen auf. Im Februar 2020 wurde der Fachbereichsleiter des Gesundheitsamtes in den Ruhestand verabschiedet.
„Als meine Großeltern geheiratet haben, war das Versprechen ‚bis dass der Tod euch scheidet` praktisch unangefochtenes Gesetz. Eine große Rolle spielen sicher die schlimmen Kriegserfahrungen“, erklärt sich Enkel Tim Kundt (34) den Ehe-Marathon. „So eine Gnadenhochzeit ist heute selten“, betont auch dessen Vater Rainer Kundt. Der 66-Jährige freut sich mit den Eltern und der großen Familie – fünf Enkel und zwei Urenkel – am Sonntag im Stammlokal „Zornige Ameise“ zu feiern.
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