Ruhrhalbinsel. Die Kirchengemeinde St. Josef Ruhrhalbinsel will ungenutzte Grabflächen auf ihren Friedhöfen schließen – aus Kostengründen.

Die Kirche muss sparen – auch bei den Friedhöfen. Da macht die Katholische Großpfarrei St. Josef Essen-Ruhrhalbinsel keine Ausnahme. Über die Entwicklung der Friedhöfe vor Ort informierte nun Klaus Mehring vom Kirchenvorstand im Gemeindezentrum am Heidbergweg in Kupferdreh. Die wichtigste Nachricht: „Keinem der sechs Friedhöfe unserer Gemeinde droht die Schließung.“

Klaus Mehring ist in Essen geboren, sitzt seit Gründung der Pfarrgemeinde St. Josef Essen-Ruhrhalbinsel im Jahr 2008 im Kirchenvorstand. Als Vorsitzender im Friedhofsausschuss weiß er um die Emotionalität des Themas, kennt jedoch auch die konkreten Zahlen, die sich um das Sterben, Beerdigung sowie Grabpflege und ihre Kosten ranken. Die Frage, ob die Existenz der Friedhöfe in der Katholischen Kirchengemeinde gefährdet sei, traf ihn deshalb nicht unerwartet: „Wenn man bedenkt, dass einige Grabstätten bereits seit mehr als 60 Jahren von Familienangehörigen gepflegt werden, dann kann man erahnen, dass sich eine enge Bindung zwischen den Menschen und der letzten Ruhestätte entwickelt. Doch ich denke, ich konnte den Besuchern diese Angst schnell nehmen.“

Kein Friedhof wird geschlossen

Rund 70 Besucher aus den Stadtteilen der Ruhrhalbinsel, darunter auch einige Ehrenamtliche, waren der Einladung des Kirchenvorstandes ins Josefheim gefolgt. Nach einer kurzen Begrüßung durch Pfarrer Gereon Alter ging es dann auch schnell ans Eingemachte, präsentierte Klaus Mehring harte Fakten. Bis zum Jahr 2030 wird die Zahl der Katholiken – so die Prognose – um 30 Prozent sinken. Eine Studie der Deutschen Bischofskonferenz vom Mai dieses Jahres geht von einer Halbierung der Katholiken bis 2060 aus. „Weniger Christen“, so erklärt Mehring, „bedeuten auch weniger Bestattungen auf unseren Friedhöfen.“ Darauf müsse Kirche reagieren, denn schon jetzt gebe es mehr Bestattungsflächen als benötigt werden. Flächen, die erhalten und gepflegt werden müssen – und dies ist teuer.

Reihengräber in Kupferdreh warten auf ihre endgültige Schließung. Kein Einzelfall auf der Ruhrhalbinsel.
Reihengräber in Kupferdreh warten auf ihre endgültige Schließung. Kein Einzelfall auf der Ruhrhalbinsel. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Der Entschluss, einzelne Grabfelder endgültig zu schließen, müsse die Menschen allerdings nicht beunruhigen: „Es wird immer genügend Raum da sein, um den Bedarf der Kirchengemeinde zu decken.“ So seien die Umstrukturierungspläne nicht in erster Linie dem Wunsch des Sparens, sondern vielmehr einer sinnvollen Anpassung an die aktuellen Gegebenheiten und künftigen Entwicklungen geschuldet. Lag der Anteil der Sargbeisetzungen im Jahr 2011 noch bei 54,55 Prozent, waren es im Jahr 2018 gerade noch 38,13 Prozent. Die Zahl der Urnenbestattungen sei im selben Zeitraum stetig gestiegen – von 45,45 auf 61,87 Prozent.

Urnen- und Naturbestattungen nehmen stetig zu

Zudem lägen Naturbestattungen im Trend. „Die Eltern wollen einfach keine Familiengruft mehr, weil ihre Kinder diese pflegen müssten“, erklärt Mehring. Man wolle den Kindern nicht zu Last fallen. Auch deshalb, „weil in unserer mobilen Gesellschaft der Nachwuchs oft nicht am selben Ort lebt.“ Was auch dazu führt, dass die Zahl ungepflegter Grabstätten zunimmt. „Eine schwere Bürde, immerhin beträgt die Ruhezeit eines Grabes 25 Jahre“, so Mehring. „Wir reden hier also von langen Zeiträumen.“ Elf von zuletzt 40 Bestattungen in Überruhr waren Naturbestattungen. In Burgaltendorf gar 23 von 34, die auf einem eigens angelegten Wiesenfeld vollzogen wurden. „Eine Urnenbeisetzung benötigt jedoch nur rund 15 Prozent der Fläche einer Sargbestattung, also gerade einmal ein Sechstel“, rechnet Mehring vor. Dies führe vielerorts zu einem gravierenden Flächenüberschuss, dem die Planung der Kirchengemeinde nun Rechnung tragen muss.

Freie Grabfläche auf dem Friedhof in Überruhr.
Freie Grabfläche auf dem Friedhof in Überruhr. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Mittels einer Satzungsänderung habe die Kirchengemeinde auf die neue Situation reagiert, lässt seit 2013 auch Bestattungen von Toten christlichen Bekenntnisses auf ihren Friedhöfen zu. Auch die Nutzungszeit bei Urnenbestattungen wurde von 15 auf 25 Jahre verlängert. „Doch die veränderte Bestattungskultur führt unweigerlich zu weiteren Freiflächen auf unseren Friedhöfen, von denen wir uns über kurz oder lang trennen sollten, da ihre Pflege viel Geld verschlingt.“

In Burgaltendorf wurde damit schon begonnen: So wurde ein Stück Wiese, so genanntes Friedhofserweiterungsland, an die Evangelische Kirchengemeinde verkauft. „Das Areal war nie belegt“, erklärt Mehring. „Es diente zuletzt als Platz für eine Baumschule, wird nun von Kita-Kindern als Spielplatz genutzt.“ In Überruhr ist die Schließung der Grabfelder 12 bis 14 bereits beschlossene Sache, „weil dort der Anteil an Urnenbestattungen sehr hoch ist.“ Fünf weitere Felder werden in Kupferdreh geschlossen und so umgestaltet, dass der Pflegeaufwand deutlich sinkt. Auf dem Friedhof Dilldorf, wo viele Grabstätte nicht mehr belegt sind, werden insgesamt elf Felder geschlossen, Erweiterungsland in einer Größe von 5000 Quadratmetern wurde bereits verkauft.

Friedhof Byfang ist auf Hilfe von Ehrenamtlichen angewiesen

Der Friedhof Byfang könne, so Mehring, nur noch existieren, weil ehrenamtliche Kümmerer die notwendigen Pflegearbeiten leisten. Auch hier werden drei Felder geschlossen. Einzig in Heisingen sei die Situation durch den hohen Belegungsanteil von 96 Prozent unkritisch. „Aber selbst dort gibt es auf dem katholischen Teil noch immer freie Grabstätten.“

Sonderregelung

Selbst wenn auf den insgesamt sechs katholischen Friedhöfen der Kirchengemeinde St. Josef Ruhrhalbinsel Grabfelder geschlossen werden, so ist eine Belegung ausnahmsweise möglich.

Im Falle des Todes eines Ehepartners, kann dieser neben seinem Lebenspartner beerdigt werden, solange noch nicht die Ruhezeit der Grabstätte abgelaufen ist. Diese währt 25 Jahre lang.

In der Quintessenz steht für Mehring folgende Erkenntnis: Um die Wirtschaftlichkeit der Friedhöfe zu erhalten, müssen ungenutzte Flächen reduziert, pflegeleichte Flächen geschaffen und ehrenamtliche Helfer gesucht werden. Warum die Pflege – bei allem Verständnis – nicht von der doch so gut betuchten Kirche bezahlt werden könne, wollte am Ende seines Referats ein Besucher wissen. Mehring: „Man muss in Gemeindehaushalt und Gebührenhaushalt unterscheiden.“ Ersterer deckt den Erhalt der Gebäude und beispielsweise auch die Personalkosten ab. Der Gebührentopf jedoch sei endlich, denn auch die Kirche stehe in Konkurrenz zur kommunalen Anbietern. „Da können wir die Gebühren nicht einfach exorbitant anheben.“ Sicher ist jedoch eines: „Das Bild unserer Friedhöfe wird sich im Laufe der nächsten Jahre verändern.“