Essener Norden. Auch im Essener Norden hat „Christian“ von Montag auf Dienstag heftige Schneisen gerissen. Schöner grüner Norden? Im Moment wohl eher eine „grüne Hölle“.

Der grüne Essener Norden hat auch seine Kehrseiten, das weiß man spätestens nach dem großen Sturm von Montagabend. Abgeknickte Bäume auf dem Teer sorgten für eine ungewollte Verkehrberuhigung, zahlreiche Straßen blieben dicht, teilweise spielten sich sogar Jagdszenen ab. Die Parks sehen aus wie Urwälder. Und Dauer-Blaulicht begleitete die Bürger durch den Tag.

Altenessen und die Parks

Chaos in Altenessen: Die Nebenstraßen sind weitgehend dicht. Die Altenessener Straße ist ab Höhe Hövelstraße gesperrt. Auf dem Parkplatz der Hövelschule haben mehrere Bäume drei Autos „erlegt“. Die Kreuzung Hövelstraße/Altenessener Straße ist in Richtung Zentrum dicht, die Autos umrunden trotzdem die Absperrungen. Im Kaiser-Wilhelm-Park ist es ziemlich ruhig, Besucher sind abgeschreckt, die Enten haben ihr Grün für sich. Nur die Motorsäge dröhnt, Grün und Gruga beseitigt die schlimmsten Schäden. Im Segeroth-Park in Altenessen-Süd, parallel der Bottroper Straße, ist auch nichts los. Kein Wunder, durch das dichte Grün ist die Fläche kaum zu betreten. Am vorbeiführenden Assmannweg sind Autos platt gedrückt, die intakten Pkw werden noch einige Tage herumstehen müssen, bis die Seitenstraße frei ist.

„Das war auf jeden Fall schlimmer als Kyrill“, sagt Marc Schmitz von Grün und Gruga, bevor er wieder die Motorsäge in die Hand nimmt und einer riesenhaften Baumkrone den nächsten Ast wegschneidet. Bevor er sich den Altenessener Kaiser-Wilhelm-Park vornehmen konnte, war er schon stundenlang unterwegs, seine Schicht begann um 6 Uhr in der Früh. Im größten Park des Essener Nordens herrschte am Tunnel im hinteren Park zudem Einsturzgefahr. Marc Schmitz: „Ein großer Baum wurde ausgerissen, ist vom Hang gefallen und hat Steine mitgerissen. Der Bereich ist vorerst gesperrt.“

Altenessen und die Zeche

Auf dem Gelände der Zeche Carl sind fünf Bäume entwurzelt. Von den Platanen auf dem Grundstück scheint keine unbeschadet geblieben. Ein dicker Ast hat ein Loch ins Dach zwischen Badehaus und Förderturmhaus geschlagen.

Der Orkan ist auch durch den Biergarten gefegt und hat das Inventar auf den Kopf gestellt. Gastronom Uwe Elstermeier hofft, Mittwoch die schlimmsten Schäden beseitigt zu haben und wieder öffnen zu können. Der Netto-Supermarkt an der Heßlerstraße hat auch einen Baum abbekommen, ist aber geöffnet.

Vogelheim

Richtig hart getroffen ist Vogelheim, vor allem das Quadrat rund um Stakenholt/Lichtenhorst. Hier hat die Feuerwehr einen Sondereinsatz an der Sportanlage Lichtenhorst hinter sich. „Ein Baum hat mein Auto erwischt, aber der Baum wurde glücklicherweise etwas vom Garagendach gebremst“, erzählt Anwohner Robert Baskiewicz, während er sich die Schäden anschaut. Die Straße Lichtenhorst selbst ist, wie der Stakenholt, an dem die Gesamtschule Nord liegt, nicht mehr zu befahren. „Wir haben gar nicht das Werkzeug, alles hier wegzuräumen“, schildert Michael Brüter während er mit einem kleinen Hebekran einen Baumstamm auf den Transporter hebt. Kein Wunder: Brüter ist „nur Notstopfen“, er kommt vom Straßenverkehrsamt, Motorsägen braucht man da nicht. Aber eine Axt und eine Handsäge, die haben er und sein Kollege dabei.

Kaum 50 Meter entfernt ist ein Baum auf das Dach der neuen Turnhalle der Gesamtschule Nord geknallt. Gerade hier fällt auf: Zahlreiche Bürger helfen, sägen, räumen Hindernisse an die Seite, fegen Äste weg. Die kleine Natur-Katastrophe schweißt auch zusammen. Wie die Mitglieder des angrenzenden CGC Blau-Gold, die ihre Minigolfbahn freiräumen.

Karnap

Montagabend und Dienstag vermeldeten zahlreiche Keller in Karnap mal wieder landunter: Das Unwetter hatte auch Essens nördlichsten Stadtteil böse erwischt. Das könnte sich zukünftig erheblich ändern. Zumindest dann, wenn Karnap das geplante Drainagesystem erhält.

Acht Millionen Euro sollen dazu im Stadtteil investiert werden, um den Grundwasserspiegel abzusenken. Bislang haben noch zu viele Karnpaper Grundstückeigentümer dem Projekt ihre Zustimmung verweigert. Das könnte sich in den Tagen nach dem Unwetter und den nas-sen Kellern jetzt ändern.

Dellwig und Frintrop

Auch den Essener Nordwesten hat es richtig erwischt. „Von Unterfrintrop in die Stadt zu kommen, ist so gut wie unmöglich“, schildert Klaus-Dieter Pfahl vom Bürger- und Verkehrsverein Dellwig. Er verbringt den Tag 1 nach dem Sturm wie so viele andere auch damit, rund um das eigene Haus wieder Ordnung herzustellen. Und er kann von einem Still-Leben berichten, das für einen Schmunzler bei so manchem gesorgt hat.

„Die Straßenbahn 103 ist an der Gleisschleife Werthstraße genau da stehen geblieben, wo gestern Abend Schluss war“, berichtet Pfahl vom „stummen Zeugen“ der Tage, an dem im Essener Norden zwischen Oberhausen, Mülheim und Gelsenkirchen alles drunter und drüber ging.

Borbeck und der Westen

Der Wanderweg im Schlosspark Borbeck, ausgehend von der Wasserfläche am Schloss, sieht aus ein Urwald. Nur abschnittsweise kommt man voran, immer wieder liegen dicke Baumstämme oder große Wurzeln im Weg. Auch das Borbecker Zentrum hat gelitten, an vielen Stellen gab es Dienstag kein Durchkommen, wie hier an der Kreuzung Germaniastraße/Otto-Brenner-Straße. Ein Baum war dort in ein Auto gekracht. Und das war kein Einzelfall.

Gerade in den späten Mittagsstunden wurde die Fahrt aus dem Essener Nordwesten ins Zentrum zu einem Geduldspiel. An allen West-Ost-Routen (Bocholder Straße, Altendorfer Straße und andere), stauten sich die Autos. Auf der Altendorfer Straße war in Höhe „Finca BarCelona“ zudem eine Straßenbahn liegen geblieben.