Essen. . Eine Essener Historikerin veröffentlicht unter dem Namen Poppy J. Anderson Liebesromane im Internet. 600.000 E-Books hat die 31-Jährige über die Amazon-Plattform verkauft – bisher. Demnächst erscheinen auch noch drei ihrer Bücher gedruckt im Rowohlt Verlag.

Ihre Bücher heißen „Verliebt in der Nachspielzeit“, „Touchdown fürs Glück“ oder „Hände weg vom Quarterback“. Sie erzählen vom Football und der Liebe: zwischen frechem Hippie-Mädchen und Footballstar, strenger Karrierefrau und Footballstar oder auch zorniger Ex-Frau und Footballstar.

Starke Frauen also und Männertypen, die das Umschwärmtsein gewohnt sind: von „heißen Groupies, die schneller ihre BHs öffnen, als er das Wort Touchdown überhaupt über die Lippen bringen kann“. So formuliert es Autorin Poppy J. Anderson, die den mittlerweile elften Band der „New York Titans“-Reihe veröffentlicht hat.

Eine der großen E-Book-Königinnen

Poppy J. Anderson ist eine der großen E-Book-Königinnen bei Amazon: über 600.000 elektronische Bücher hat sie in den vergangenen zwei Jahren verkauft. Eine Zahl, von der viele Autoren nur träumen.

Die Frau, die sich das Pseudonym Poppy J. Anderson gegeben hat, möchte ihren richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen, der wissenschaftlichen Karriere zuliebe. Die 31-jährige Essenerin hat Geschichte studiert und arbeitet gerade an ihrer Dissertation; es wird um Israel, Deutschland und die Sicherheitspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg gehen.

Spenden fürs Tierheim

Das Romaneschreiben war lange Zeit reines Privatvergnügen. „Das war einfach mein Hobby. Ich habe immer schon für mich geschrieben, weil mir das so gut gefallen hat: Mir andere Welten auszudenken, Figuren zu erschaffen.“ Erst vor zwei Jahren kam sie auf die Idee, einen Roman zu veröffentlichen – eine Reportage über Amazons Self-Publisher (siehe Box), die ihre Romane im Netz veröffentlichen, brachte sie darauf. Freundinnen rieten ihr gut zu. „Das erste Cover habe ich selbst gestaltet, habe im Garten meiner Eltern Unterwäsche in den Busch gehängt und fotografiert“, erzählt sie mit einem herzlichen Lachen: „Das war vielleicht grottig!“ Inzwischen lässt sie die Titel von einer Agentur gestalten. Trotz der Do-it-yourself-Optik verkauften sich die ersten beiden Bände gut: „20 000 Exemplare nach zwei Monaten – ich dachte damals, wow, mehr geht gar nicht!“ Ging aber doch. Längst steht jedes neue Werk zuverlässig auf Platz 1 der Kindle-Charts.

Der eigene Verleger

Der Begriff „Self-Publishing“ bedeutet, dass Autoren ihre Werke ohne Verlag veröffentlichen. Dies ist nicht nur bei Amazon möglich, sondern bei einer Reihe von Anbietern: „Epubli“ etwa oder „Books on Demand“ (BoD, nur für gedruckte Bücher). Auch erste Verlage bieten derartige Plattformen: Hinter „Neobooks“ etwa verbirgt sich der Verlag Droemer/Knaur.

Ist sie Millionärin? „Nein, bin ich nicht“, wiegelt die Autorin ab: An den Kurzromanen, die sie für 89 oder 99 Cent anbietet, verdient sie rund 30 Cent. Die längeren E-Books kosten zwischen 2,99 und 3,49 Euro – „daran verdient man als Autor im Schnitt zwei Euro“. Und immer wieder spende sie auch: „Wenn ich eine Versteigerung mit signierten Taschenbüchern mache, dann geht das ans Essener Tierheim.“ Denn jedes ihrer Bücher kann man auch in gedruckter Form via Amazon kaufen – zum Taschenbuchpreis. „Über Amazon wird viel Negatives berichtet“, sagt die Essenerin: „Aber für Menschen, die anderen ihre Werke zugänglich machen wollen, ist Amazon ein sehr guter Weg. Das birgt keine großen Risiken – und man muss kein Technikfreak sein.“

Herzensangelegenheit Doktorarbeit

Inzwischen ist auch ein Buchverlag auf das Phänomen Poppy J. Anderson aufmerksam geworden. Drei Romane werden im Herbst bei Rowohlt erscheinen.

Längst bieten Tausende Autoren ihre Werke bei Amazon an – mit hoher Gewinnbeteiligung. Warum aber wurde gerade Poppy J. Anderson so erfolgreich? Vielleicht, weil sie so ganz mit dem Herzen dabei ist: „Schreiben macht mich glücklich. Und ich freue mich, wenn Leser mir schreiben, dass meine Bücher sie berührt haben.“ Trotzdem wird sie sich nicht auf die Autorinnenkarriere verlassen: „Wer weiß, wie sich der Markt entwickelt.“ Und ihre Doktorarbeit, die ist eben auch „eine Herzensangelenheit“.