Essen. Das Aalto-Theater feiert im Herbst sein Jubiläum. Fotograf und Schnürbodenarbeiter Jürgen Leiendecker hat die Kollegen seit 25 Jahren mit der Kamera begleitet. Mit seinen Porträts startet die neue Aalto-Serie.
Das Aalto-Theater wird im Herbst 25 Jahre alt. Und Jürgen Leiendecker hat das Haus von Anfang an fotografiert. Von oben, von der Seite. Vor allem bei der Arbeit. Denn im Aalto wird nicht nur famos gesungen, sondern auch gesägt und geschweißt, genäht und geschustert. Ein Musiktheater ist eben nicht nur Ort der hehren Kunst, sondern auch ein großer Handwerks-Betrieb mit Schlosserei und Malersaal, Dekoration und eigener Reinigung.
Wir wollen das Jubiläum zum Anlass nehmen, Menschen vor und hinter dem Vorhang kennenzulernen, die den Erfolg des Hauses seit 25 Jahren mitbestimmen, vom Hausmeister bis zum Schumacher. Kammersänger Marcel Rosca gehört seit der Eröffnungs-Premiere zum Ensemble. Marion Thienel feiert ihr 25-jähriges Dienst-Jubiläum im Opernchor, Klaus Schönlebe ist dienstältester Philharmoniker im Orchestergraben. Für die opulenten Bilder sorgt Ralf Gehrke, Direktor der Ausstattungswerkstätten, während Kostümdirektor Ulrich Lott den Stoff wählt, aus dem die textilen Bühnenträume sind. Leonard Dunder rückt das Ganze schließlich ins richtige Scheinwerferlicht.
Und was wären all diese Künste ohne das Publikum. Dieter Altenkamp erzählt, warum er sein Aalto-Abo schon reserviert hat, als die Bagger gerade anrollten. Und nicht zuletzt soll an die bewegte Baugeschichte erinnert werden, an das jahrzehntelange Warten auf die Realisierung des famosen Entwurfs von Alvar Aalto aus den 1950ern, an wüste Demos und dramatische Abstimmungen, die der Aalto-Baugeschichte vorausgegangen sind.
Fotografien aus einer ganz besonderen Perspektive
Was nach Spatenstich, Richtfest und Einweihung geschah, hat Jürgen Leiendecker fotografiert, oft aus einer ganz besonderen Perspektive. Vielleicht liegt es ja an seinem Arbeitsplatz, denn der Aalto-Bühnenarbeiter und gelernte Fotodesigner wirkt hoch oben, im Schnürboden. Die Vogelperspektive ist sein Markenzeichen. Aber andererseits ist er auch immer ganz nah dran am Bühnengeschehen. Und an den Menschen. Seine Fotos zeigen Szenen, die sich kein Regisseur ausgedacht hat. Schön und schräg und oft mit einem Augenzwinkern. „Eigentlich macht man jeden Tag ein Bild.“
Das Ergebnis soll zum 25. Jubiläum des Aaltos in Buchform erscheinen. Weil Leidendecker für sein ehergeiziges Projekt keinen Verlag gewinnen konnte, wird „as year goes by“ im Internet als Buch auf Bestellung herauskommen, prallvoll mit Erinnerungen und Porträts von Mitarbeitern der ersten Stunde. Mehr als 100 Kollegen hat der 56-Jährige angesprochen, vom einstigen Skandal-Regisseur Dietrich Hilsdorf bis zum Bühnenmeister Karl-Heinz Behrens. Theater als höchst anschauliche Teamarbeit.