Essen. Ehemalige Zollvereiner haben ein Buch über ihre Arbeit auf der Kokerei geschrieben. Mit „Die Koker auf Zollverein“ haben sie somit ein lebendiges Stück Geschichte geschaffen. Der scheidende Leiter des Ruhr Museums, Ulrich Borsdorf, hat das Projekt unterstützt.

„Jeder Depp schreibt über Zollverein – nur die, die dort wirklich malochen haben, finden offenbar kein Gehör.“ Eitel Mantowski, selbst über 30 Jahre auf der heute so berühmten Zeche tätig, war dieser Zustand ein Dorn im Auge. Also schrieb der Ex-Koker mit über 20 Kollegen seine Erinnerungen nieder: Mit „Die Koker auf Zollverein“ haben sie somit ein lebendiges Stück Geschichte geschaffen.

Als Autor hatte sich Johannes Lichtenberg zuvor noch nicht versucht. „Nur Liebesbriefe an meine Frau habe ich bisher geschrieben“, lacht der 69-Jährige. Dies sollte sich ändern, als er vor zwei Jahren von dem Buchprojekt erfuhr. „Mit ehemaligen Kollegen treffen wir uns einmal im Monat im Café der Kokerei zum Frühstücken“, so Lichtenberg – ein Zeichen, wie viel ihm und den früheren Mitmalochern die Zeit auf Zollverein noch immer bedeutet – immerhin kämen noch heute Monat für Monat 15 Ex-Koker zusammen, fast 20 Jahre, nachdem die Kokerei ihre Pforten schloss. „Am 30. Juni 1993 war das“, weiß er noch genau. „So eine Arbeit schweißt halt zusammen.“ Folgerichtig war es für den ehemaligen Steiger auch keine Frage, sich an dem Projekt zu beteiligen, als ihm ein Kollege davon erzählte. „Ich habe die Erlebnisse sofort wieder vor Augen gehabt. Es war kein Problem, sie niederzuschreiben“,erzählt Lichtenberg. „Schließlich würde ich am liebsten heute noch dort arbeiten.“ Stattdessen musste er mit 53 Jahren in den Vorruhestand gehen.

Lichtenberg und seine Kollegen steckten neben den noch heute lebhaften Erinnerungen viel Herzblut in das Projekt. Dabei sei es nicht gerade einfach gewesen, die richtigen Leute für das Buch zusammenzutrommeln, erinnert sich der Initiator Eitel Mantowski. „Nicht jeder ist offenbar bereit seine Erinnerungen zu teilen. Manche sind regelrecht böse geworden, als ich sie gefragt habe, ob sie mitmachen.“

Unterstützung vom Ruhr Museum

Dagegen war Ulrich Borsdorf sofort Feuer und Flamme: Der scheidende Leiter des Ruhr Museums hat das Projekt unterstützt. „Wir Historiker können in die Tiefen, in denen damals gearbeitet wurde, überhaupt nicht vordringen – unsere Beiträge über diese Zeit wirken daher immer blutleer.“ Daher sei das Buch eine „echte Bereicherung der historischen Wissenschaft in ihrer konventionellen Form.“

„Wir wollten den Kokern und ihren Maschinen, Öfen und Werkstätten, die heute als Weltkulturerbe eine ganz andere Bedeutung erhalten haben, durch diese Arbeitserinnerungen ein Stück ihres vergangenen Lebens einhauchen, damit der Schweiß der Zollverein-Koker nicht vergessen wird“, so Mantowski. So gibt es Berichte, die die Entstehung der Kokerei nachzeichnen, Beschreibungen der Produktion und Instandhaltung, nebst den damit verbundenen Gefahren. Auch ganz persönliche Biografien und Erinnerungen sind in dem Buch zu entdecken.

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Damit, dass ihr früherer Arbeitsplatz nun ein Areal für Freizeit und Kultur darstellt, haben sich die ehemaligen Koker übrigens inzwischen abgefunden. „Ist doch schön, was hieraus geworden ist“, meint Johannes Lichtenberg. Und nicht zuletzt haben er und seine Kollegen somit einen passenden Treffpunkt für ihr allmonatliches Frühstück.