Essen. Der junge spanische Dirigent Pablo Heras-Casado (34) gibt am Donnerstag sein Debüt mit den Essener Philahrmonikern. Danach gibt er sein Russland-Debüt am Mariinsky-Theater in St. Petersburg Mittlerweile handeln ihn manche schon als Nachfolger für Essens Generalmusikdirektor Stefan Soltesz.

Unter den Dirigenten seiner Generation - vorgestern wurde er gerade einmal 34 - wird Pablo Heras-Casado derzeit hoch gehandelt. Allein seine Debüts in diesem und dem vergangenen Jahr lesen sich wie ein „Who is Who“ der Orchester. Cleveland, Zürich, das St. Petersburger Mariinsky-Theater. Auch deutsche Vorzeige-Klangkörper wie die Dresdner Staatskapelle und - erst vor vier Wochen - die Berliner Philharmoniker sind darunter. Seine Produktion von Kurt Weills Oper „Mahagonny“ mit „La Fura des Baus“ am Teatro Real in Madrid wurde in diesem Jahr sogar mit Frankreichs berühmtem Preis „Diapason d’Or“ ausgezeichnet.

Was will man da mehr? Essen vielleicht? Dass Heras-Casado auf der Kandidatenliste als möglicher Nachfolger von Stefan Soltesz als Chef der Philharmoniker steht, ist mittlerweile kaum noch ein Geheimnis. Dass er im Kreis der verantwortlich Suchenden in der Findungskommission der Theater- und Philharmonie GmbH (TuP) starke Befürworter hat, war zu vernehmen. Einzelne bilden natürlich noch keine Mehrheit. So heißt es weiter: abwarten.

Bis Dienstag hat er ja noch nicht einmal das Orchester dirigiert, obwohl einige Musiker ihn schon hörten und begeistert waren. Morgen gibt der junge Spanier in der Philharmonie sein Debüt mit den Philharmonikern. Auf dem Programm steht Schuberts dritte und Mendelssohns zweite Sinfonie mit dem Beinamen „Lobgesang“. Jetzt steckt er mitten in den Proben. „Ein nicht zu unterschätzendes Werk“, sagt Heras-Casado, der diese Chor-Sinfonie zwar schon mehrfach als Chorist gesungen, aber bisher noch nie dirigiert hat.

Neue Orchester kennenlernen

„Jedes Konzert, jedes Debüt muss perfekt vorbereitet werden“, sagt der Musiker, der schon als Kind als Chorsänger begann, dann Geige und Dirigieren, aber auch Kunstgeschichte studierte. Wer mittlerweile etwa drei Opern pro Jahr neben zahlreichen Konzertprogrammen neu einstudiert, weiß, wovon er spricht. „Wissen und Lernen“, so beschreibt Heras-Casado seinen Ehrgeiz. Auch viele neue Orchester kennen zu lernen, das eigene Repertoire und damit den Horizont zu erweitern, gehöre dazu. Wenn er nach der Probe mit seiner Mendelssohn-Partitur unter dem Arm dasitzt - vier Proben mit verschiedenen Besetzungen sollten es allein gestern werden - klingt das bescheiden. Nein er trumpft nicht auf, wenn er mal so eben versucht Einblick zu geben über fast 500 Jahre Musikgeschichte, von Palestrina bis Luciano Berio, die sein Repertoire umfasst. „Für die Riesenwerke von Wagner oder Strauss hatte ich einfach noch keine Zeit, man muss Dinge auch langsam kommen lassen mal warten können.“ Das klingt entspannt und bescheiden für einen, der sich dann wieder als leidenschaftlich, zuweilen sogar als ungeduldig bezeichnet.

Aber als Sportler, der in seiner wenigen Freizeit nicht nur den Mulhacen (mit 3500 Metern Spaniens höchster Berg) vor den Toren seiner Heimatstadt Granada besteigt und mit dem Rad Extremtouren unternimmt weiß er auch, dass es Grenzen gibt. Dann sucht er seinen Rhythmus, die Einheit mit seinem Körper. Ein Gefühl, das er auch spürt, wenn er Musik macht.

Gespannt auf die Akustik

Wie war das mit der Ungeduld? „Auf künftige Posten bezieht sich das bestimmt nicht“, lacht Heras-Casado. Irgendwann werde dafür schon der richtige Moment kommen. „Ich möchte künstlerisch wachsen, das ist für mich genauso wichtig wie Teil eines guten Teams zu sein.“ Auf Essens Philharmonie ist er gespannt, vor allem akustisch. Die Oper hat Heras-Casado vor einiger Zeit schon besucht. „Ein spannender und guter Don Giovanni“, erinnert er sich. Das Kultur-Ensemble am Stadtgarten begeistert den Spanier. Für ihn ist es ja das klingende Herz von Essen.

In Essen dirigiert Pablo Heras-Casado Donnerstag und Freitag um 20 Uhr das dritte Sinfoniekonzert der Philharmoniker in der Philharmonie. (Karten: 0201/ 81 22 200 oder www.theater-essen.de). Danach gibt er sein Russland-Debüt am Mariinsky-Theater in St. Petersburg mit Ravels „Spanischer Stunde“ und de Fallas „La vida breve“. Im Dezember folgen Konzerte mir dem Residenzorchester in Den Haag, dem Tonhalle-Orchester Zürich und in der New Yorker Carnegie Hall.