Essen-Kettwig. Interessensvertreter von Radfahrern und Fußgängern sehen großes Gefahrenpotenzial an der Ruhr in Kettwig. Anwohner beklagen chaotische Zustände.
Für sehr gefährlich und ziemlich unsinnig halten Vertreter von Fahrrad- und Fußgängerverbänden die von der Verwaltung 2019 eingerichtete und jetzt quasi wieder zurückgenommene Fahrradstraße am Promenadenweg in Essen-Kettwig. Sie fordern eine Sperrung für den Autoverkehr zwischen Ringstraße und dem Restaurantschiff durch Poller. Anwohner berichten von chaotischen Zuständen und lautstarken Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Verkehrsteilnehmern.
„Eine Fahrradstraße ist natürlich eigentlich eine gute Sache. Hier wurden bei der Planung aber zwei gravierende Fehler gemacht“, sagt Wolfgang Packmohr, Polizeidirektor a.D. und Gründer der Essener Ortsgruppe des bundesweit aktiven Vereins „Fuss e.V.“, der sich für Fußgängerinteressen einsetzt. Zum einem habe man den Promenadenweg als Einbahnstraße für Autos offen gehalten, obwohl die Fahrbahnbreite für Autos und Radfahrer, letztgenannte dürften ja in beide Richtungen fahren, zu schmal sei. Zum anderen seien die Parkplätze in Fahrtrichtung auf der linken Seite.
Links parkende Autos sind Gefahr für entgegenkommende Radfahrer
„Das ist deshalb so gefährlich, weil man als Autofahrer beim Ausparken erst das gesamte Fahrzeug auf die Fahrbahn lenken muss, bevor man eventuell entgegen kommende Radfahrer überhaupt sieht“, so Wolfgang Packmohr. Auch wenn jetzt Radfahrer den Gehweg mitnutzen sollten, was Schilder signalisierten, seien Sicherheitsbelange dort seiner Meinung nach nicht berücksichtigt worden.
Dass diese Fehler ausgerechnet dort passiert seien, ärgert Packmohr. Der Promenadenweg habe als Teil des viel befahrenen Ruhrtalradwegs nationale, wenn nicht gar internationale Bedeutung, werde oft von Radwandergruppen genutzt. „Damit ist er auch eine Art Aushängeschild für die Stadt.“ „Für uns ist es eine Fünf-Sterne-Route“, ergänzt Marc Zietan vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC).
Warum man den Autoverkehr nicht sofort komplett herausgenommen habe, ist für Wolfgang Packmohr unverständlich. Die Hauseingänge der Neubausiedlung lägen an der Ringstraße, dort hätten Anwohner auch Parkplätze. Durch die Umkehrung der Einbahnrichtung in der Bachstraße habe man sogar noch zusätzlichen Verkehr auf den Promenadenweg gebracht.
Ausflügler könnten am Rathaus Kettwig parken
Ausflügler, die den Spazierweg oder die Bänke an der Ruhr nutzen oder das Restaurantschiff Thetis besuchen wollten, könnten zum Beispiel am Rathaus Kettwig parken und „dann einen schönen Spaziergang durch die Kettwiger Altstadt zum Wasser machen“, so Packmohr. Oder sie könnten die Parkplätze nutzen, die an der Ruhr hinter der Einmündung Bachstraße zur Verfügung stünden.
Anwohner Dirk Heun ist nicht nur genervt von den oft chaotischen Zuständen am Promenadenweg. Er sorgt sich auch um seinen Enkel, wenn er von der Rückseite des Grundstücks auf den Gehweg trete und dann dort womöglich mit schnell fahrenden Radfahrern in Konflikt komme. Andererseits findet er die Parkplätze am Promenadenweg schon wichtig für die Anwohner. „Es sind nur 25 Parkplätze, die hier entfallen würden“, entgegnet Wolfgang Packmohr. Seiner Beobachtung nach hätten die meisten Autos dort auswärtige Kennzeichen, seien also keine Anwohner.
Anwohner ruft zur gemeinsamen Lösungssuche auf
Ralf Kranich ist ebenfalls Anwohner und fordert vor allem Klarheit, wer wo fahren beziehungsweise gehen dürfe. „Es wäre eine gute Idee, wenn sich alle Interessensgruppen zusammensetzen und nach einer Lösung suchen würden, mit der am Ende alle zufrieden sind“, findet er.
SPD-Bezirksvertreter hält die Änderungen für gefährlich
Auch Daniel Behmenburg, SPD-Fraktionsvorsitzender in der Bezirksvertretung IX, kritisiert die Umsetzung der Fahrradstraße am Promenadenweg.
Er beklagt allerdings gegenüber der Verwaltung, dass die derzeit vorgenommenen Veränderungen am Promenadenweg das Gefahren- und Unsicherheitspotenzial noch erhöht hätten, statt die Situation zu verbessern.
Die Stadt gibt Planungsfehler am Promenadenweg zu. Derzeit werde dort eine mit der Bezirksvertretung abgestimmte, provisorische Lösung umgesetzt, da sich herausgestellt habe, dass die Breite der Fahrbahn für den Kraftfahrzeugverkehr und den stark angestiegenen Radverkehr nicht ausreichend sei, so Patrick Opierzynski vom Presseamt.
Auch interessant
Nach Abstimmung in der Bezirksvertretung IX soll der Radverkehr demnach im Engpassbereich zunächst auch auf dem Gehweg fahren dürfen. Dies gelte vom Promenadenweg 15 bis zur Ringstraße und nur für die entsprechende Fahrtrichtung. Radfahrer in Fahrtrichtung Bachstraße müssten, wie schon in der Vergangenheit, die Fahrbahn nutzen.
Auch interessant
Im September soll ergebnisoffen über Maßnahmen diskutiert werden
Im September soll ein interfraktioneller Arbeitskreis zum Thema stattfinden. Im Rahmen dieses Treffens solle ergebnisoffen erörtert werden, welche konkreten Maßnahmen bis zur nächsten Radsaison umgesetzt werden sollen, teilt das Presseamt mit.
Die Verwaltung hatte bereits Ende 2019 Gespräche mit der Bezirksvertretung und der Polizei geführt und dabei folgende Maßnahmen zur Verbesserung diskutiert: Fahrradstraße ohne Pkw-Verkehr, Pkw-Verkehr ohne Parkmöglichkeiten, Parken halbseitig auf dem neuen Gehweg, einen Teil der Grünfläche als Fahrbahn umbauen, den neuen Gehweg als Radweg nutzen. Da die Verwaltung für die endgültige Umsetzung einer neuen Regelung am Promenadenweg derzeit keine Kapazitäten habe, soll die Übergangslösung für längstens ein Jahr gelten.
Gehweg-Markierung auf der Straße wurde bereits entfernt
Diese Lösung beinhalte die Entfernung der Gehweg-Markierung zwischen Bachstraße und Haus Nummer 15, die bereits erfolgt sei. Fußgänger sollen den Gehweg entlang der Häuser nutzen. Die Beschilderung Fahrradstraße bleibe in Fahrtrichtung Bachstraße bestehen. Die noch ausstehenden Markierungen für die Fahrradstraße würden aber nicht umgesetzt.
Für Wolfgang Packmohr und Marc Zietan ist diese Übergangsregelung nicht akzeptabel. „Da baut man einmal einen Fußweg, der mit 2,50 Meter Breite den gültigen Vorgaben entspricht und Begegnungsverkehr auch mit Rollstuhlfahrern ermöglicht, und dann sollen sich Fußgänger und Radfahrer die Fläche teilen?“, so Packmohr. Radfahrer auf dem Gehweg machten Fußgängern aufgrund ihrer deutlich höheren Geschwindigkeit Angst. Radfahrer sollten, wie bei einer Fahrradstraße vorgesehen, auf der Straße fahren. Die Einfahrt von Autos könne man durch Poller kurz hinter der Ringstraße beziehungsweise hinter dem Restaurantschiff verhindern. „Dann hätten Radfahrer und Fußgänger dort genügend Platz und könnten den Abschnitt gefahrlos nutzen.“
Auch interessant