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Der wegen sexuellen Missbrauchs in 400 Fällen angeklagte 78-jährige Kupferdreher ist am Montag vor dem Essener Landgericht freigesprochen worden. Die Aussage der heute 21-jährigen Enkelin habe „nicht genügend Substanz in der Erinnerung“, so die Begründung.

Mit einem Freispruch endete am Montag für einen 78-jährigen Kupferdreher ein Prozess wegen sexuellen Missbrauchs seiner Enkelin. Die Anklage war von 400 Fällen im Zeitraum von fünf Jahren ausgegangen. Das Kind war anfangs fünf Jahre alt. Vor einem Jahr erstattete die jetzt 21-Jährige Anzeige. Ihre Aussage habe „nicht genügend Substanz in der Erinnerung“, begründet Richterin Luise Nünning unter anderem die Entscheidung der V. Strafkammer des Landgerichtes. Gutachter Detlef Korff erklärt, es könne sich um eine „ unbewusste Falschaussage handeln“, eine „Pseudo - Erinnerung“.

Beim Urteil ist die 21-jährige nicht mehr im Saal. Sichtlich erregt hatte sie den zuvor verlassen. Ihre Mutter folgte ihr, heftig die Tür knallend. Das war vorausgegangen: Nebenklagevertreter Hans-Georg Bothe wendet sich laut und heftig an den 78-Jährigen, der die Vorwürfe am ersten Prozesstag bestritten hatte: Seine Mandantin habe noch Jahrzehnte vor sich, im Gegensatz zu ihm, hielt der Anwalt ihm vor. Der Großvater habe es „menschlich nicht auf die Reihe gekriegt“, seiner Enkelin zu helfen. „Er hat die Wahrheit gesagt“, reagiert darauf temperamentvoll empört Verteidigerin Michaela Meier. „Ich habe gesehen, wie er hier gelitten hat“, schildert sie die andere Seite. Ein Jahr lang habe er „die Hölle durchgemacht.“

„Aussage orientiert sich eventuell an Autosuggestion, nicht an Erlebtem“

Erst im vergangenen Jahr berichtete die Enkelin erstmals ihrer Mutter vom angeblichen Missbrauch. Unter Druck: Sie hatte erhebliche Probleme mit der Mutter, die ihr den Entzug von Pferd, Auto und Wohnung in Aussicht stellte. Die Prozessbeteiligten gehen von einer starken Traumatisierung der Zeugin aus. Allerdings, so der Gutachter, sei nicht festzustellen, ob diese auf einen Missbrauch oder auf den frühen Tod ihres Vaters zurückzuführen sei. Der war im Alter von 29 Jahren gestorben.

Danach verbrachte die Enkelin viel Zeit bei den Großeltern. Zeit, in der es zu sexuellen Übergriffen nachts im Bett und tagsüber beim Fernsehen, unter einer Decke im Sessel, gekommen sein soll. Staatsanwältin Dr. Nossek beantragt ebenfalls Freispruch. Es sprechen Punkte für einen Missbrauch, andere lassen Zweifel aufkommen, sagt sie. Eventuell orientiere sich die Aussage nicht an Erlebtem sondern an Autosuggestion.