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Zum Prozessauftakt gegen einen 78-Jährigen aus Kupferdreh hat der Angeklagte den sexuellen Missbrauch seiner Enkelin bestritten. Laut Anklage soll er sich in insgesamt 400 Fällen an dem damals fünfjährigen Mädchen vergriffen haben.
Gebrechlich ist der 78-jährige Kupferdreher, beschwerlich war am Mittwoch sein Weg auf die Anklagebank der V. Strafkammer. Sexueller Missbrauch seiner Enkelin in 400 Fällen wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Fünf Jahre alt war das Kind, als es ab 1995 häufig in der sogenannten Besucherritze im Ehebett der Großeltern übernachten musste. Damals soll es die ersten Übergriffe neben der schlafenden Großmutter gegeben haben. Laut Anklage steigerte sich der Missbrauch in den kommenden fünf Jahren. Nach anfänglichen Küssen, soll er sie „intim berührt“ haben. Erst zehn Jahre später, im vergangenen Jahr, brachte die junge Frau die Vorwürfe gegen den Großvater zur Anzeige. Der bestreitet, sich jemals an der Enkelin vergriffen zu haben.
Hemmungsloses Weinen, Atemprobleme seiner Mandantin kündigt Nebenklagevertreter Hans-Georg Bothe an, falls seine Mandantin im Beisein des Großvaters aussagen müsse. Richterin Luise Nünning spricht einfühlsam mit ihr, erklärt, dass die Kammer auch die Rechte des Angeklagten zu schützen habe. Mit Erfolg. Die inzwischen 21-Jährige schildert ohne stocken, scheinbar unberührt, was sich in ihrer Kindheit ereignet haben soll.
„Ich habe mich nie getraut etwas zu sagen“
Sie könne nur schwer Gefühle zeigen, begründet die Zeugin die distanzierte Darstellung. 1995 starb ihr Vater. Die Mutter musste arbeiten. Die Kinder verbrachten viel Zeit bei den Eltern des Vaters. Nicht nur nachts im Bett soll der Großvater sich ihr genähert haben, sondern auch tagsüber beim Fernsehen. Die Oma habe auf einem Hocker gesessen, der Opa in seinem Ledersessel und sie auf der Lehne, zugedeckt mit einer Decke. Darunter soll er gefummelt haben. Sie sei sicher, die Großmutter habe Bescheid gewusst, meint die Zeugin und erklärt: „Ich habe mich nie getraut etwas zu sagen.“ Im Jahr 2000 nach dem Tod der Oma endeten die Besuche komplett. Es hatte Streit zwischen ihrer Mutter und dem Großvater gegeben.
16 Jahre alt war die Zeugin, als die Probleme zu Hause mit der Mutter begannen.Viel Zeit habe sie mit ihrem damaligen Freund verbracht, erinnert sie sich und habe „ häuslichen Pflichten vernachlässigt.“ Es gab auch Heimlichkeiten. „Ich passte der Mutter nicht“, erklärt der Ex-Freund (22) vor Gericht und erinnert sich: „ Die Mutter ist eine sehr schwierige Person.“ Die Situation zu Hause wurde schlimmer: „Niemand hat verstanden, warum ich mich immer mehr zurückziehe und keine Gefühle zeige“, meint die 21-Jährige. Anfang 2010 habe sie der Mutter vom Missbrauch des Großvaters erzählt. Seitdem ist sie unter anderem wegen Depressionen in therapeutischer Behandlung.