Essen. . Ein 56-Jähriger aus Polen steht derzeit in Essen vor Gericht. Am Mittwoch gestand er, seine Mutter (74) erstochen zu haben. Der Mann soll psychisch krank sein - die Staatsanwältin will ihn in die geschlossene Psychiatrie einweisen lassen.

Er klingelte bei den Nachbarn: „Mutti ist tot.“ Dass er es war, der sie tötete, gestand Henryk K. (56) am Mittwoch vor dem Schwurgericht. Eine fremde „Kraft“ habe ihn gelenkt.

Staatsanwältin Elke Hinterberg geht von einer Schuldunfähigkeit des Angeklagten aus und will ihn wegen seiner Gefährlichkeit in die geschlossene Psychiatrie einweisen lassen. Seit 18 Jahren leide er an einer paranoiden Schizophrenie, heißt es in der Anklage. So ganz traut der aus Polen stammende Henryk K. dem deutschen Rechtssystem nicht. Verteidiger Volker Schröder bittet das Gericht zu Beginn des Prozesses, mit dem Angeklagten zu sprechen. Der Mandant fürchte nämlich die Todesstrafe als Urteil für seine Tat. Richter Andreas Labentz kann ihn beruhigen und sagt, dass es nicht um die Todesstrafe geht, sondern um die Unterbringung in der Psychiatrie.

„Der ist psychisch nicht ganz normal“

In seiner Heimat Polen hatte der 56-Jährtige auf einer Zeche gearbeitet. Seine Familie war schon in Deutschland, als bei ihm die psychische Erkrankung ausbrach. Gegen eine Behandlung wehrte er sich, nahm Medikamente nur unregelmäßig. Oft besuchte er seine Eltern, die in Altendorf lebten. So war er im August 2010 zum Geburtstag der Mutter angereist. Allein lebte die 74-Jährige jetzt in der Wohnung, nachdem ihr Ehemann ein Jahr zuvor gestorben war.

Am 25. September, so schilderte der Angeklagte es, hatte er wieder das Gefühl, von einer fremden Kraft gelenkt zu werden. Er erzählte es seiner Mutter, fuchtelte mit einem kleinen Messer vor ihr herum. Aus Angst versteckte sie vier größere Messer hinter dem Mülleimer. Doch der Sohn bemerkte es, wurde noch wütender und stach zu. 14 Schnitt- und Stichverletzungen zählte die Rechtsmedizin.

Henryk K. rief nicht sofort die Polizei oder den Notarzt. Er holte zwei Kerzen, stellte sie neben der Leiche seiner Mutter auf und entzündete sie. Erst einige Zeit später ging er zu den Nachbarn und meldete den Tod der Mutter. Zunächst schöpfte niemand Verdacht. Dann entdeckte der herbeigerufene Notarzt aber die Verletzungen durch das Messer. Henry K. soll auch gerufen haben: „Ich war’s.“ Als die Polizei kam, äußerte der Mediziner schnell seinen Verdacht: „Der ist psychisch nicht ganz normal.“

Kein Interesse an einer Behandlung

Zeugen sahen auch, dass der Angeklagte auf ein Messer gezeigt und immer wieder „Ich, ich“ gerufen habe. In ihrem vorläufigen Gutachten kommt Psychiaterin Maren Losch zu dem Schluss, dass die paranoide Schizophrenie die Schuldfähigkeit des Angeklagten aufgehoben habe. Er zeige aber kein Interesse an einer Behandlung. Deshalb sei er weiterhin gefährlich und müsse zum Schutz der Allgemeinheit in die geschlossene Psychiatrie. Wie zur Bestätigung sagte der 56-Jährige, dass die Wahnbilder in seinem Kopf noch immer existierten.

1992 hatte er einmal fluchtartig die Zeche verlassen. Er fühlte sich von Kollegen verfolgt und trat außerhalb der Zeche Schaufensterscheiben ein. Seitdem, so erzählte er, habe er Angst vor den Menschen. Auch im vergangenen Jahr habe er Deutschland aus Angst vor den Menschen verlassen wollen. Aber seine Mutter habe ihn doch zum Bleiben überredet.