Haltern am See. .

Lautstark mischt er sich ein in die Verhandlung, droht Zeugen mit Anzeigen wegen Verleumdung. Es geht um die Zukunft des psychisch erkrankten 60-Jährigen. Ist er so gefährlich, dass für ihn ein Le­ben in Freiheit nicht denkbar ist?

Die Staatsanwaltschaft Essen stuft ihn als Gefahr ein. Eine andere Strafkammer des Landgerichtes Essen hatte ihn dagegen als nur lästig für seine Umwelt angesehen. Doch das Oberlandesgericht in Hamm sah auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft die Taten als sehr erheblich an. Jetzt muss die V. Essener Strafkammer die „Erheblichkeit“ prüfen und über das Schicksal des Mannes entscheiden.

„Wenn er zurückkehrt, ziehe ich aus“, sagt eine 74-jährige, deren Nachbar der Beschuldigte und seine Ehefrau etwas über ein halbes Jahr waren. „Bevor er im Dezember 2009 bei uns einzog, war alles gut“, erzählt die Frau. Danach hätte man nicht mal mehr die Tür auflassen dürfen. Sie wirft ihm vor, ihre Waschmaschine im Gemeinschaftskeller des Mehrfamilienhauses am Rande der Innenstadt mit Nägeln bestückt zu haben. Ein anderes Mal habe er die Maschine mit Säure verätzt.

Seinen ständigen Einwürfen („Das gibt’ ne saftige Verleumdungsanzeige“) hält die resolut wirkende Frau stand. Als er ihr vorwirft, sie habe mal seine Ehefrau gewürgt, korrigiert sie: „Da habe ich sie nur am Jackenkragen gepackt.“

Bedroht fühlt die Zeugin sich durch ihn. Auch sein Betreuer fühlt sich bedroht. Selbst von Mord soll der Beschuldigte mal gesprochen haben. Ansonsten erhielt der Betreuer Briefe, die er dem 60-Jährigen zuordnet: „Ihre Blödheit und Dummheit kotzt mich an. Sie Spinner.“ Oder: „Sie sind mir zu primitiv.“ Darin wird dem Betreuer auch angekündigt, die Wohnungstür werde nicht geöffnet: „Anderenfalls können Sie damit rechnen, dass Unvorhergesehenes passiert.“

Oft hielt sich der Beschuldigte in der Vergangenheit in der Psychiatrie auf. Genutzt hat die Behandlung wenig. Aber reichen die Taten wirklich aus, die Unterbringung zu verantworten? Für die Nachbarin scheint die Antwort klar. Sie erinnert an ein Schreiben, das von ihm sein soll. Da wird ihr geraten, sie solle sich „in Bochum im Krematorium melden und Stroh mitbringen“.