Dorsten. Im Prozess um die am 16. Dezember im Einkaufstrubel in der Dorstener Fußgängerzone von ihrem Mann erstochene Fatma N. legen sich die Psycho-Gutachter nicht fest, ob der Angeklagte Mehmet N. (29) aus Wattenscheid vermindert schuldfähig war.

Wie erheblich seine Steuerungsfähigkeit eingeschränkt war, müsse das Gericht bewerten, hielten sich die Gutachter mit eigener Wertung zurück. Das Essener Schwurgericht hatte in der am 8. Juni begonnenen Hauptverhandlung eine längere Pause angeordnet, weil der Angeklagte sich erst spät zur Untersuchung durch die Gutachter bereit erklärt hatte.

"Er hat gewusst, dass es nur furchtbar enden kann": Mehmet N. mit seinem Verteidiger Siegmund Benecken vor dem Essener Schwurgericht. WAZ-Foto:Stefan Wette © WAZ

Die tödlichen Stiche am Nachmittag um 16 Uhr vor Plus in der Innenstadt waren das schreckliche Ende einer Ehe. Die aus dem Essener Norden stammende Frau hatte sich am 9. November mit den gemeinsamen Kindern in das Dorstener Frauenhaus gerettet. Obwohl sie sich zuvor eine eigene Wohnung genommen hatte, soll ihr Mann sie oft bedrängt haben. Mehrfach soll er auch ihren Tod angedroht haben. Am 16. Dezember – einen Tag nach ihrem 27. Geburtstag, einen Tag nach dem neunten Hochzeitstag – überraschte er sie in der Fußgängerzone. Vor den Augen des achtjährigen Sohnes stach er mehrfach auf seine Frau ein, schnitt ihr die Kehle durch und spuckte laut Zeugen vor ihr aus. „Das hast Du verdient, Du Schlampe”, soll er ausgerufen haben. „Er hat sie geschlachtet wie ein Schaf”, sagte ein Augenzeuge.

Kinder schlecht behandelt

Verteidiger Siegmund Benecken will am Mittwoch immer wieder darauf hinaus, dass der Angeklagte nur aus Liebe um seine Kinder gehandelt habe, als er nach seiner Frau suchte. Diese habe die Kinder in der Vergangenheit schlecht behandelt und sie ihm mit Hilfe des Bochumer Jugendamtes vorenthalten, sagt der Anwalt. Doch die Gutachter zeichnen ein anderes Bild des Angeklagten. Psychologe Mehmet Toker sieht Anhaltspunkte, dass dieser die Kinder als seinen Besitz ansah. Er habe seiner Frau zwar zunächst erlaubt, sich von ihm zu trennen. Aber nur, wenn er freien Zugang zu ihr und den Kindern habe. Erst als sie einen neuen Partner hatte und sich ihm entzog, habe er die Kontrolle verloren und Ohnmacht verspürt.

Zielgerichtete Tat

Psychiater Dieter Seifert spricht von einem leicht arroganten und dominanten Auftreten des Angeklagten, dem er eine narzisstische Persönlichkeit bescheinigt. Die Tat selbst sei zielgerichtet gewesen. Angesichts detaillierter Morddrohungen („Ich werde deinen Kopf abschneiden und zur Polizei bringen”) habe der Angeklagte sich offenbar schon länger mit dem Tod der Frau beschäftigt. Als er am 16. Dezember mit dem Messer nach Dorsten fuhr, habe Mehmet N. „gewusst, dass es nur furchtbar enden kann”.

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