Essen-Schönebeck. . Der Schacht-Kronprinz-Tag erinnerte an einen Durchbruch im Bergbau in Schönebeck. Zugleich ging es um den Erhalt einer Grünfläche.

Vor 185 Jahren gelang es dem Industriellen Franz Haniel in Schönebeck, erstmals im Bergbau die Mergelschicht zu durchstoßen. Ein willkommener Anlass für den Bergbaukolonieverein Schönebeck, mit 26 Jahren vergleichsweise jung, mit dem „Schacht-Kronprinz-Tag“ auf dem Vereinsgelände daran zu erinnern. Beim Rundgang durch die Kolonie mit Marco Heckhoff, dem Leiter des Haniel-Museums in Duisburg, wandelten die Besucher auf den Spuren des Bergbaus. Im Vereinsheim waren zu den ohnehin vorhandenen Stücken weitere Bergbau-Utensilien ausgestellt.

Gelände erhielt bei „Wo wollen wir wohnen?“ die Priorität 1

Bei kühlem Bier und heißer Bratwurst war an Fronleichnam die Vergangenheit aber keineswegs das einzige Thema. Das überrascht nicht. Die Mitglieder des Bergbaukolonievereins, an den blau-weiß gestreiften Kumpel-Hemden mit weißem Tuch um den Hals zu erkennen, bangen bekanntlich um ihr Domizil an der Schacht-Kronprinz-Straße. Der Pachtvertrag läuft im kommenden Jahr aus. Das gut ein Hektar große Grundstück, das sich in Privatbesitz befindet, erhielt beim Bürgerforum der Stadt Essen („Wo wollen wir wohnen?“) die Priorität 1. Ende März entschied der Rat, 28 Wohnbauflächen tiefer gehend zu prüfen.

SPD und Grüne in der BV VI sprachen sich dagegen aus – CDU enthielt sich

„Ich habe Ratsmitglieder aller Parteien und insbesondere die Fraktionsvorsitzenden eingeladen, sich heute ein Bild von dem Gelände und der Tätigkeit unseres Verein zu machen“, sagt Bernd Quildies (60). Die Resonanz war überschaubar: Angelika Weihnacht (SPD), Regina Hallmann (CDU) und Walter Wandtke (Grüne). In der Bezirksvertretung IV hatten sich SPD und Grüne jüngst bei Enthaltung der CDU gegen eine Bebauung des Geländes ausgesprochen. Bernd Quildies, früherer SPD-Ortsvereinsvorsitzender, Mitinitiator von „Rettet das Hexbachtal“ sowie im Vorstand des Bergbaukolonievereins und des Bürger- und Verkehrsvereins, versteht das nicht. Die Ratsmitglieder müssten am Ende entscheiden. Da wäre ein Ortstermin nützlich gewesen.

Wolfgang Sykorra, Autor, Umweltschützer, Heimatforscher und früherer Leiter des Gymnasiums Borbeck, erinnerte an frühere, erfolgreiche Bürgerproteste.
Wolfgang Sykorra, Autor, Umweltschützer, Heimatforscher und früherer Leiter des Gymnasiums Borbeck, erinnerte an frühere, erfolgreiche Bürgerproteste. © FUNKE Foto Services | Foto: Christof Köpsel

Ratsfrau Regina Hallmann (CDU) setzt sich für den Erhalt der Grünfläche ein

Regina Hallmann, in Schönebeck aufgewachsen und wohnhaft, aber für Frintrop im Rat, war von der Zahl der Menschen, die an den Rundgängen teilnahmen, beeindruckt. „Das zeigt das große Interesse an dem Thema“, so die Ratsfrau. Selbstverständlich sei die Stadt in der Pflicht, für Wohnraum zu sorgen. „Es besteht aber ebenso eine Pflicht, ausreichend Grünflächen vorzuhalten. Und ich setze sich für die Grünfläche in Schönebeck ein“. Unglücklich findet Hallmann, dass bei „Wo wollen wir wohnen?“ Bürger aus anderen Stadtteilen wie Stadtwald oder Kettwig die Einstufungen vornahmen. „Es ist noch nichts entschieden. Zurzeit wird nur geprüft. Falls es im Rat zur Abstimmung kommt, werde ich gegen die Bebauung stimmen“, sagt Regina Hallmann.

Fläche hat große Bedeutung für die Umwelt

Derweil bringen Bernd Quildies und seine Mitstreiter weiter ihre Argumente vor. „Der Verein ist seit mehr als 25 Jahren dem Gemeinwohl verpflichtet. Zudem ist das Grundstück, das ein Wäldchen, das Vereinsgelände und eine Grünfläche umfasst, für die Umwelt von großer Bedeutung“, so Bernd Quildies. Ein alternatives (Privat-)Grundstück (44.000 Quadratmeter) an der Heißener Straße, das der Verein ins Gespräch gebracht habe, sei von der Stadt abgelehnt worden. Die Begründung: Es handele sich um einen überregionalen Grünzug. „Auf Mülheimer Seite wurde im selben Grünzug gebaut“, so Quildies.

Unterstützung bekommt der Bergbaukolonieverein von Wolfgang Sykorra. Der Autor, Umweltschützer, ehemaliger Leiter des Gymnasiums Borbeck und früherer SPD-Vorsitzender in Schönebeck erinnerte in seiner Rede an einige Projekte (A31, JVA, Postverteilungszentrum), gegen die man sich erfolgreich gewehrt habe. „Es ist wieder der Zeitpunkt gekommen, zu bestimmten Projekten laut ,nein’ zu sagen“, so der 74-Jährige. Auch der Bürger- und Verkehrsverein steht den Bergbaukolonisten zur Seite. „Wir sind ein Bürgerverein. Wie könnten wir dann sagen, reißt uns hier die Bäume ab. Es geht um den Stadtteil und seine Menschen“, erklärte der Vorsitzende Harry Häde.

1834 wurde im Stammhaus Kaldenhoff kräftig gefeiert

Der Durchstoß der Mergelschicht war Anlass für eine zünftige Feier im Stammhaus Kaldenhoff an der Aktienstraße 140, bei der reichlich Bier und Schnaps flossen. Die Original-Rechnung für den Verzehr der etwa 30 Bergleuten ist im Haniel-Museum in Duisburg zu sehen. Auf ihr stehen: 17 Kannen (gleich 19,5 Liter) Branntwein sowie 127 Liter Bier. Hinzu kamen Weißbrot, Käse und zahlreich zerbrochene Gläser.

Das Stammhaus Kaldenhoff gibt es heute noch, allerdings ist es nicht jenes, in das Haniel seinerzeit mit seinen Mitarbeitern zechte. „Das Haus war 1895 ausgebrannt und wurde wieder aufgebaut“, sagt Marco Heckhoff, Leiter des Haniel-Museums. Der Durchbruch der Mergelschicht war Franz Haniel im Jahre 1834 mit dem südlich der Lockstraße gelegenen Schacht Franz gelungen.

Beim Bergbaukolonieverein ist man nicht blauäugig. Eine Verlängerung des Pachtvertrages seitens des Eigentümers erscheint sehr unwahrscheinlich. „Es würde uns verdammt schwer fallen, hier wegzugehen, denn das Vereinsgelände hat sich zu einem zentralen Ort für die Schönebecker entwickelt. So wichtig sind wir aber letztlich dann auch nicht. Wir würden gehen, wenn nur die Grünfläche erhalten bleibt“, erklärte Vorstandsmitglied Karsten Fähndrich. Der Verein müsse dann möglicherweise zu seinen Wurzeln zurückkehren und wie in seinen Anfängen Straßenfeste für die Bürger organisieren.

Sie geben in Schönebeck aber nicht auf. „Ich habe noch einige Ideen, wie wir auf die Bedeutung des Geländes aufmerksam machen können“, sagt Bernd Quildies. Eine Unterschriftensammlung – nicht nur unter den Mitgliedern des Bergbaukolonievereins (200) und des Bürger- und Verkehrsvereins (400) – ist eine davon. Wolfgang Sykorra machte am Ende seiner Rede ebenfalls Mut: „Ich hoffe, dass wir uns in 25 Jahren wieder hier zu einem friedvollen Fest treffen werden.“