Essen. . Der Blindenhilfeverein Essen hat mit einer Aktion im Hauptbahnhof auf Probleme aufmerksam gemacht, die seinen sehbehinderten Mitgliedern immer noch den Alltag erschweren. Mitunter heißt gut gemeint auch nicht gut gemacht – so führen die neuen Leitstreifen am Bahnhof Steele etwa in die falsche Richtung.
Manchmal kann Bernhard Lüffe nur staunen. Der sehbehinderte Steelenser war mit seinem Blindenhund unterwegs, der ein Schild mit der Aufschrift „Blindenführhund“ trug. Eine Mutter kam mit ihrem Sohn vorbei. Der schaute. Und staunte. Die Mutter sagte: „Der arme Hund ist blind.“
Bernhard Lüffe kann viele solcher Geschichten und Anekdoten erzählen. Sie zeigen, wie Blinde und Sehbehinderte wahrgenommen – oder besser nicht wahrgenommen werden. Und welche Probleme sich dadurch für sie im Alltag ergeben.
„Grundsätzlich hat sich strukturell sicherlich viel verbessert“, sagt Sabine Großmann, die beim Blindenhilfeverein Essen arbeitet. Der Verein hatte gestern zum Jubiläum „50 Jahre Tag des weißen Stocks“ in den Essener Hauptbahnhof eingeladen. Das Verkehrszentrum zeigt durchaus vorbildlich, mit welchen Hilfen sich Blinde heute in öffentlichen Räumen zurechtfinden können. Durch den Bahnhof und bis an die Gleise werden sie mit Hilfe von kilometeterlangen Leitspuren im Boden navigiert. Die mit Noppen und Rippen markierten Platten zeigen dem Fühlenden an, wann er wohin abbiegen muss und kann. „Man findet seinen Weg“, sagt Bernhard Lüffe.
Das System hat allerdings auch seine Tücken. Denn die Leitspuren im Boden werden von Zeitgenossen, die sie nicht brauchen, übersehen oder als schöne Muster wahrgenommen. So stehen diese auf den Spuren und damit im Weg oder versperren mit Koffern die Blinden-Straßen. „Wir würden uns mehr Sensibilität und Rücksicht wünschen“, sagt Sabine Großmann. „Und nicht nur Blicke, wenn jemand mit Stock, Hund oder Blindenanstecker vorbeigeht.“
Wenn die Blinden den Bahnhof verlassen, wird es mit der Orientierung schwieriger. Auf der Kettwiger Straße beispielsweise. „Da ist so ein kleinteiliges Pflaster. Das ist für unsere Stöcke ganz schwierig.“ Dann gibt es immer wieder mal Probleme in Bussen und Bahnen der Evag und der Deutschen Bahn. „Manchmal ist die Sprachansage zu leise. Leute unterhalten sich, Kinder schreien und man hört dann nichts“, sagt Bernhard Lüffe. „Besonders ärgerlich für uns ist, wenn die Ansage fehlt, auf welcher Seite der Ausstieg ist“, ergänzt Renate Hammer, Vorstandsmitglied im Blindenhilfeverein. Immerhin: Bei Stadt, Bahn oder Evag kommen die Beschwerden an. Besserung wird gelobt und angestrebt. Manchmal dauert es aber. Die Kosten. So wie im Bahnhof in Steele. Dort wurden Leitspuren in den Boden gebaut. Nur führen die die Blinden in die falsche Richtung. „Wir haben das bei der Bahn reklamiert. Die Anfrage ist in Bearbeitung“, sagte Sabine Großmann.