Bottrop. . Einen Zugang zur aktuellen Literatur haben Blinde und Sehbehinderte durch die steigende Auswahl an Hörbüchern. Am „Tag des Weißen Stocks“ machte die Bottroper Gruppe des Blinden- und Sehbehindertenvereins auf das Thema aufmerksam und präsentierte Literatur.

Vor genau 50 Jahren, am 15. Oktober 1964, übergab der damalige US-Präsident Lyndon B. Johnson Langstöcke an blinde und sehbehinderte Menschen. Der Akt hatte damals symbolischen Charakter, heute sind die Stöcke ein wichtiges Orientierungs- und Mobilitätsgerät der blinden Bevölkerung. Im Jahr 1969 erklärten die Vereinten Nationen den 15. Oktober zum „Tag des Weißen Stocks“

„Ich will den heutigen Tag nutzen, um Sehgeschädigte an Literatur heranzuführen“, sagt Werner Fries, Vorsitzender des Blinden- und Sehbehindertenvereins Westfalen (BSVW), Bezirksgruppe Bottrop. Für den „Tag des Weißen Stocks“ plant der Verein jährlich Aktionen, diesmal geht es um den Zugang Sehbehindeter zur aktuellen Literatur, der sich seit dem Hörbuchtrend der letzten Jahre verbessert habe.

Neuerscheinungen

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„Die Blindenhörbüchereien können jährlich nur wenige Neuerscheinungen aufsprechen. Viele Buchhandlungen bieten Hörspiele an, die von den Autoren selbst oder bekannten Stimmen aus Funk und Fernsehen gelesen werden“, erklärt er. In der Buchhandlung Erlenkämper stellt der Verein die neusten Hörbücher vor. „Es ist wichtig, nicht nur die Alltagsprobleme Sehgeschädigter zu thematisieren, sondern auch über die Ermöglichung von Hobbies und Interessen nachzudenken“, betont Fries, der neben der Literatur das Pokerspielen zu seinen leidenschaftlichsten Hobbies zählt. Mit speziellen Spielkarten in Blindenschrift (Brailleschrift) sei auch das Pokern für ihn möglich.

Zusammen mit den Mitgliedern des Blinden- und Sehbehindertenvereins, will er darauf aufmerksam machen,dass es mittlerweile ein großes Angebot an brandaktuellen Hörbüchern gibt: „Rund 60 Prozent der Buchneuerscheinungen gibt es als Hörbuch“, sagt Fries, der sich besonders für Kabarettstücke begeistert. Die Auswahl an Hörbüchern sei breitgefächert: von Krimis, bis Unterhaltungsliteratur und Sachbüchern sei alles dabei.

„Mit einem speziellen Abspielgerät, dem DAISY-Player (Digital Accessible Information System) können die Hörbücher kontrolliert abgespielt werden: Das Gerät ermöglicht ein Vor- und Zurückspulen von Kapiteln und das Abrufen bestimmter Seiten und Sätze. Auch Lesezeichen können gesetzt werden“, erklärt er. In einigen Fällen übernehme oder bezuschusse die Krankenkasse den Erwerb des DAISY-Players. Erhältlich sei das Gerät in speziellen Hilfsmittelvertrieben für Blinde und Sehbehinderte.

Mitreden

Helga Gradowski, die seit drei Jahren Mitglied im Blinden- und Sehbehindertenverein ist, bezeichnet sich als Leseratte: „Ich habe immer schon für mein Leben gern gelesen“. Über das Hörbuchangebot ist sie glücklich. „Genau nach dem Buch habe ich schon lange gesucht“, sagt sie und fasst auch direkt den Inhalt von Jojo Moyes Roman „Ein ganzes halbes Jahr“ zusammen. „Ich bin froh mitreden zu können und die neuste Literatur zu kennen“. Mit ihren Schwestern tauscht sie sich regelmäßig über ihre Literaturerfahrungen aus, holt sich Tipps und gibt Ratschläge.